Der Beginenhof
Gestern sitze ich zusammen mit einer Freundin im Café „Zeitlos“ und rede wie immer und wie gern über Ideen der Zukunft. Sie erinnerte mich an das Projekt ihrer Tante: der Beginenhof in Essen. Aus dem alten Finanzamt haben sie ein Kultur-Frauen-Zentrum gemacht. Beginen ist abgeleitet von der mittelalterlichen Beginenbewegung, wonach Frauen nach religiöser und wirtschaftlicher Unabhängigkeit strebten, ohne eine Ehe eingehen zu müssen.
Sie übten handwerkliche und pflegerische Berufe aus und kümmerten sich um die Ausbildung und Unterrichtung von Mädchen und jungen Frauen. In einigen Handwerksbetrieben, wie der Tuchmacher- oder der Wappenstickerei, erwarben sich die Beginen mit der Qualität ihrer Arbeit hohes Ansehen und erzielten beträchtliche finanzielle Erfolge.
Die Erlöse flossen in die Gemeinschaft, in die Armenversorgung und Krankenpflege oder wurden in neue Wohn- und Werkstätten investiert. Die vermögenden Konvente verliehen sogar Geld an die Stadträte, und sicherten sich damit die Unterstützung der Kommunen. Mittelalterliche Beginenkultur – Brigitte
Das Zusammenleben der Frauen sollte demokratisch sein; sie organisierten sich durch Versammlungen und niedrige Hierarchiestrukturen. Soweit klingt das ja sehr passend für ein gemeinsame Wohnkultur. In Essen ging es den Frauen, die das gegründet haben und dort leben vor allem um die gegenseitige Unterstützung bei gleichzeitig bestehender Autarkie für Frauen und durch Frauen. Altenversorgung, Kindererziehung, Lebensgemeinschaften. Reizvoll. Doch der Einwand meiner Freundin ist auch direkt schon meiner – ohne Männer? Ohne Männer, weil Männer Frauen mit Kindern allein zurückließen. Ohne Männer, weil sie im Alter wegstarben, ohne Männer, weil manche Frau lieber mit Frauen lebt, sprich Verpartnerung – wie ich gelernt habe.
Ich erkenne – wie viele andere inzwischen auch -, dass in unserem Kleinfamiliendasein, in der Seperierung der Alten und Andersartigen und der Versingelung Probleme erwachsen, die nun schon einige Generationen lang sich auftürmen und Lösungen wollen. Keine kann es sein, den Mann als Bestandteil davon auszugrenzen. Ich glaube durchaus, dass der Mann an sich anders funktioniert/läuft/ist als die Frau. Männer meinen, sie seien bescheidenere und leichter zurfriedenzustellen; Frauen meinen, sie seien aktiver, lebendiger und deutlich mehr an Selbstentwicklung interessiert. Dadurch ist ein Zusammenleben in einer Paarbeziehung häufig das Aufgeben von etwas, was dem Wesen des Geschlechts entspricht. Wie viele Frauen leben jetzt auf, wenn ihre Männer sterben, können endlich tun, was sie wollen und müssen sich nicht mehr so quälen mit dem Schweigen – so geht es meiner Ex-Schwiegermutter gerade sehr. Wie viele Männer leben auf, wenn die Frau vor ihnen stirbt, endlich zehrt und zieht niemand mehr an ihnen, nörgelt herum und will etwas, was sie nicht geben wollen. Endlich können sie in Ruhe vor dem Fernsehgerät dahindämmern oder ein Mal die Woche mit den zwei Kumpels Skat spielen. Das ist nicht sarkastisch gemeint. In dem Punkt sind andere Kulturen nur ehrlicher als wir. Wir wollen in einer Liebesbeziehung das Glück finden und übersehen, dass es mehrere Splitter dafür gibt.
Ich hätte gerne einen Partner an der Seite, der alles mit mir teilen kann und will, aber vielleicht gibt es nur ein paar Sonderexemplare von Männern und die anderen können das einfach nicht. Mein Ex fand mich besonders anstrengend. Klar – wenn ich zusätzlich zu dem So-sein das auch noch hinterfrage.
Der Grundgedange des Beginenhofs ist gut. Wenn ich allerdings nur alleinerziehende Frauen aufnehme, kann ich gesellschaftlich das Problem nicht lösen. So richtig lösen werde ich es vermutlich auch nicht, doch ich kann mich an der Lösung beteiligen. Selbst eine Ehe im Lebenslauf würde ich sagen, dass dieses Konstrukt zu viel leisten muss nebst Beruf, Kinder und Selbstverwirklichung. Bei moslimischen Familien sind Frauen und Männer getrennt – sogar beim Essen – wodurch Frauen so sein können, wie sie wollen, wenn sie unter sich sind und die Männer umgekehrt. Das ist ein anderes Extrem. Kann man so voneinander lernen? Vorurteile abbauen? Vielleicht sich näherkommen – so ganz geschlechtlich gesehen?
Mehrgenerationenprojekte
Ich würde sagen, dass weder A noch B die perfekte Lösung ist. Die Idee des Mehrgenerationenhauses ist schon mal eine gute Idee, die auch immer mehr Nachahmung findet, so wie auch die Claudius-Höfe in Bochum zeigen. Diese Projekte werden sogar gefördert, weil sie doch letztlich das Gesundheitswesen entlasten könnten. Der Mensch ist auch kein Einzelgänger, er braucht die Herde.
Meine Herde ist allerdings ganz schön verstreut: Elke in Duisburg, Valeria in Oberhausen, meine Mutter in Varel, 2 Schwestern in Iserlohn samt Lieblingsschwiegermutter und eine Schwester in Wiesbaden, mein Sohn, meine große Tochter und mein Ex in Bochum sowie Stefanie, Sean in Hagen und so weiter. Das fühlt sich sehr falsch für mich an. Ich hätte das gern anders.
Grundsätzlich müssten Frauen und Männer in der Herde mit ihren Bedürfnissen Platz haben. Für mich bedeutet das, dass ein Mann in eine gesellige Runde dazukommen darf, aber nicht muss, dass aber eine gesellige Runde keine Ausnahme sein muss, weil dafür extra eingeladen wird. Mehrere kleine Einheiten unter einem gemeinsamen Dach mit gemeinsamen Nutzräumen – weil ich eine große Küche und einen schönen großen Ess-Wohnraum einfach lebenswert finde – wäre Ideal: ein oder zwei kleine Familien, Single, Paare, Wohngemeinschaften, alles aus verschiedenen Generationen. Religion darf sein, muss aber nicht – was mich neben der Einschränkung des Geschlechts zusätzlich im Beginenhof behinern würde. Meine Freundin Stefanie ist sehr gläubig, die christliche Spiritualität gibt ihr etwas. Ich finde das in Ordnung. Ich persönlich komme an der Geschichte weder links noch rechts vorbei, um mich als Christin irgendwie anzunehmen. Auch die Geschichte mit dem GOTT, der einen SOHN hatte usw. Diese ganze extrem männliche Sicht der Spiritualität lässt mich schaudern und verbaut mir jeden Weg zum Christentum. Das es etwas gibt, das größer und mächtiger ist als das Dasein des Menschen, davon bin ich überzeugt. Ich denke allerdings nicht in Bildern. Für mich ist es ein Muster, das alles verbindet. Es ist Liebe. Wenn ich liebe, bin ich im Göttlichen … vielleicht so. Nun denn, auch die Claudius-Höfe haben den christlichen Gedanken innewohnend. Sonst wäre das doch schon eine vorhandene Lösung. Muss man denn alles selber machen?
Wohnen und Leben
Dieser Absatz hatte mich auf der Homepage des Beginenhofs in Essen besonders berührt:
… lebendig, verbunden und eigenständig zu wohnen und zu arbeiten, fanden wir in der historischen Beginenkultur ein Modell, das uns in seiner Aktualität bis heute begeistert. Beginenhof Essen
Soweit bin ich dabei. Ich möchte eine Lebens- und Wohngemeinschaft mit gemeinsamen Räumen und gemeinsamen Interessen, mit dem Ziel, gemeinsam Kultur zu schaffen und dabei dem jeweils anderen Raum zu geben. So wie das Balou im Stadteil Brackel in Dortmund ein Begegnungsort ist, der für Kultur Raum hat. Das Programm ist mir schon fast zu umfangreich, um dem noch im Kalender recht zu geben, doch vielleicht bekommen sie das monströse Programm ja gestemmt.
WO-LI-BA
Die gemeinsame Nutzfläche, die Gewerbefläche. Die gilt es in einem solchen Unternehmen u bespielen, am besten so, dass jede(r) zum eigenen Recht gelangt. Ich zum Beispiel möchte Kurse anbieten und zwar jene, die mir Spaß machen: Bühnenkampf mit Degen, Stock und Faust – dazu Choreografien ausarbeiten, diese in Perfektion einstudieren und gelegentlich vorführen, vielleicht auch mit Preisen bestücken; langfristige Theaterprojekte mit Menschen allen Alters; Workshops rund ums Schreiben, Theatermachen und Tanzen; Tangosalon mit Ambiente und Stil. Das ist, womit ich die Gewerbefläche füllen will. Ein Plus, Krimidinner in unserem Lokal statt bei anderen Zuhause … langfristig gesehen. Ich weiß, dass ich sie nicht allein so gut ausnutzen kann, das sie ausgelastet ist, dazu brauche ich die anderen. Und wir arbeiten zusammen – wirtschaftlich auch?
Eine erste Überlegung war, dass wir einen Teil aller Einnahmen für die Gemeinschaft für sogenannte Gemeinschaftsprojekte aufwenden: gemeinsame Feste, Übernachtungsraum für Gäste, Restauration der gemeinsamen Räume, der Verkehrsflächen, der Reinigung der gemeinsamen Nutzflächen vor allem der Sanitären Einrichtungen, Werbung für das Haus und die Projekte, Unterstützung im Alter durch äußere Stellen (Pflegedienste), etc. Mir fallen spontan viele Quellen ein, wofür man gemeinsam viel Geld ausgeben kann.
Dann braucht man gute Kommunikationsregeln, so wie in Kaufungen … die tägliche Rolle, damit man auch ohne aktuelle Sitzung auf dem Laufenden bleibt.
Kaum steht es hier, fällt mir mein Besuch in Kaufungen ein, vor Jahren mit Sean zusammen: Kommune Niederkaufungen Da besuchte ich Raymond, der mich eingeladen hatte, zu verstehen, was die Kommune so macht. Ich war für diesen Blick hinter die Kulissen sehr dankbar und wäre am liebsten sofort mit meinen Kindern dorthin gegangen. Ohne meine Kinder wäre das sicher kein Problem gewesen, mit ihnen hätte ich die Prozentzahl der erlaubten Kinder gesprengt.
Ich habe gerade auch mal auf der Seite so rumgeschaut, ich könnte mich sicher sofort in der Küche einbringen. Kochen und Essen – eine Leidenschaft. Aber dazu hab ich ja auch eigene Ideen –> siehe Krimidinner. Die Kommune zu erleben – ein Jahr Ostern für fünf Tage – war damals ein besonderes Erlebnis, denn dort war Alltag, wovon ich träumte: gesunde Lebensmittel für alle, gesunde Gesprächskultur durch Schulung und Praxis von Gewaltfreier Kommunikation (nach Marshall Rosenberg). ein passendes soziales Miteinander für jede Altersphase, ein kulturelles Miteinander und das ohne den zentralen Gedanken an Geld. Damals fühlte ich dieses Prickeln, dass es so eigentlich richtig ist.
Ich möchte gern anfangen mit meinem WOLIBA, anfangen in einem Stadtteil und dann wachsen. Raymond sagte, dass 50 Personen für die Überschaubarkeit der Beziehungen genug sei. Heute leben in der Kommune 80 Menschen. Dort ein Wochenende zu verbringen und sich Anregungen für das eigenen Projekt zu holen, darauf hätte ich Lust. Du auch, meine liebe Freundin? Hier gäbe es die Termine:
- Kommunesemiar – Wir können auch anders !
- 15.12.2017 – 17.12.2017
- Tagungshaus Niederkaufungen
- Kommunesemiar – Wir können auch anders !
- 16.03.2018 – 18.03.2018
- Tagungshaus Niederkaufungen
- Kommunesemiar – Wir können auch anders !
- 08.06.2018 – 10.06.2018
- Tagungshaus Niederkaufungen Kommune Niederkaufungen