Zu viel Inhalt und doch zu wenig Handlung?!

Erstmal das Standardessen für die arbeitende Scarlett essen (Spaghetti Algi e alio) und dann denken.

Meine Figur ist zu langweilig.
Anna macht zwar ganz ganz viel, aber gleichzeitig sitzt sie nur rum, hier eine Sitzung, dort eine Besprechung, da ein Dialog. Sie macht nichts. Natürlich passiert in dieser neuen Welt viel, aber das kann ich nur über Nachrichten zeigen, weil meine Figur eigentlich nie am Ort des Geschehens dabei ist. Ihr Antagonist ist die Uhr oder sind die vielen Aufgaben, denen sie ausgesetzt ist. Ständig wechseln die Orte, gleichzeitig wiederholen sie sich auch:
— Besprechung im Rathaus
— Station Gynäkologie oder Pathologie im Krankenhaus
— Stollen und Labor
— Elternhaus

Da ist wenig „Handlung zeigen“. Im Moment zeige ich nur, dass sie keine wirkliche Zeit hat, sich auf die Forschung zu konzentrieren. Bekomm auch den Dreh nicht, wie sie den Impfstoff vielleicht doch noch finden kann. Muss ich aber am Ende, denn sie muss ihn sogar noch ausprobieren.

Hab es nach Tagen mal so hintereinander gelesen und stelle zwei Dinge fest: 1. sie ist sehr reflektierend-philosophisch unterwegs (so meine Gedanken spiegeln sich stark in der Figur) und 2. bricht ständig die Handlung, weil auf sie viele Dinge einwirken (da sie bei allem sehr besonnen und ruhig bleibt, sehr freundlich ist, entspricht sie hier gar nicht meinem eigenen Sein – was mich beruhigt). Wenn ich das so lese, dann lese ich eine Menge Aktion, wo tatsächlich manches schon zu viel Zirkus ist. Was ich davon auslagern kann – vielleicht auch in den zweiten Teil – muss ich sehen. Auslagern will ich zum Beispiel sowohl den Ausbau des Feminismus und des Männerhasses (Misandrie) als Reaktion auf die historische Misogynie und den aktuellen Verlust einerseits – dargestellt durch die Machtübernahme der Uturistinnen – und der Wunsch nach Gleichstellung der Geschlechter, Diversität und nach Auflösung des Kampfes angesichts der großen Verluste – dargestellt durch Liliths Schwestern – andererseits. In 60 Tagen kann kein Geschlechterkampf ausgetragen sein, der so lange schwelte.

Anna kann sich lange lange lange gegen die einseitige Betrachtung von Männern und ihrer Rolle wehren und behält im Blick, dass Männer vor allem humanoide Wesen sind, die ebenso vielschichtig sind wie Frauen. Gegen Ende der Stollenzeit denkt sie jedoch, dass vielleicht eine Geschlechtertrennung für die Frauen zum Schutze und zu ihrer Fortentwicklung besser sei als eine gemischte Gesellschaft. Das Sein (ihre Welt) hast sich so verändert, dass sich auch ihr Bewusstsein (die Wahrnehmung der Welt) verändert hat. Sie geht den Vertrag ein, weil sie das beste hofft, doch nicht daran glaubt.

Ich habe Anna gefunden: Als MIttlerin steht sie am Ende zwischen den Stühlen und muss sich entscheiden. Sie entscheidet sich gegen alle alten Werte (Liebe, Ehe, gemischte Gesellschaft, Gleichberechtigung, etc.) und verschiebt eine Veränderung auf später.

Aber Abspecken muss ich die Handlung auf jeden Fall. Ich muss schauen, was ich davon in Teil II auslagern kann.