Häkchen. Häkchen. Das hab ich schon fertig.
Tagträumereien, wie ich mir meine Zukunft denke oder – Schrägstrich – wünsche, das kennt jede und jeder. Doch in diesem Jahr wird sich erweisen, ob dieses Träume Konturen bekommen, die sich in die Realität heben lassen. Mein erster Schritt „Lösen von Materie“ har ja schon mal geklappt, hat Schmerzen verursacht und ich habe das überlebt. Mein zweiter Schritt „Zähne in Ordnung bringen“ ist ebenfalls sehr sehr schmerzhaft, konfrontiert mich auch mit meinen Urängsten, aber in einer ganz anderen Weise. Jeder diese Schritte schafft das Relief einer neuen Zukunft. Doch wie wird es sein?
Damals, als ich das erste Mal schwanger war, als ich erlebte, wie sich das Unbekannte meiner Zukunft im Bauch bewegte und anfühlte, da dachte ich so vieles, was sich nicht ereignete und ich dachte an so wenig, was sich ereignete. Was lustige Vorstellungen hatte ich bis zur Realität davon, wie das Zusammenleben mit eigenen kleinen Kindern sein könnte und wie Erziehung funktionierte. Dies war meine einschneidenste Erfahrung und hat eine lange Lebensphase umfasst.
Jetzt stehe ich vor den Toren einer neuen Lebensphase; ich bin erfahrener, toleranter und sogar geduldiger geworden, wobei schon ein Anteil meiner großen Ungeduld dazu führte, dass ich besser nicht weiter an dieser Schule Lehrerin sein sollte. Diese Phase geht jetzt zu Ende.
Im August kommt er – meine erste Veröffentlichung
Was ich mir vornehme, plane und woran ich arbeite, scheint sich doch umzusetzen. Ich benötige dafür eine Deadline, etwas Zeit und meine Träumerei, die mir ausmalt, wie ein Plan entstehen kann. Nachdem ich nun meinen Roman zum x-ten Mal selbst zur Korrektur gelesen habe (einmal rückwärst), kann ich sagen, dass ich die meisten kleinen Fehlerchen mit der Löschtaste erwischt und aufgespießt habe. Aktuell will ich ihn noch einmal durchlesen, zwei oder drei kleine sehr flüchtige Biester ausmerzen und dann ist es getan. Im August kommt er dann raus, offiziell.
Ganz offiziell ist das nicht meine erste Veröffentlichung. Ich hatte schon das Vergnügen der ein oder anderen Kursgeschichte, siehe meine Vita. Anders ist es allerdings dennoch. über 650 Seiten (normal beschriebene, nicht in MS-Format) sind so umfangreich in den Details, dass ich erstaunt bin, welche interessanten Symbole ich gefunden habe, welche eigenartigen Metaphern sich wiederholen und wie dicht insgesamt der Text geworden ist. Das ein oder andere vergesse ich tatsächlich immer mal wieder, habe es zwei Mal gesagt und muss mich dann entscheiden, wo ich es wegstreiche. Ich stelle fest, dass ich nach sechs oder acht Mal Lesen trotzdem nicht genau weiß, wo ich das hingeschrieben habe. Und immer wieder stelle ich mir die Frage, ob 60 Tage tatsächlich genügen, eine solche Veränderung in der Gesellschaft zu bewirken. Ist das glaubwürdig? Dann beruhige ich mich und denke, dass Corona uns genau das gezeigt hat. 60 Tage für einen gesellschaftlichen Totalschock würden genügen.
Wenn ich es verfilmen würde, würde ich die Dauer der Gefangenschaft allerdings offen lassen. Ich würde nicht darüber nachdenken, ob es nun 50 oder 60 Tage sind. Hier diente es meiner Einteilung.
Und wozu ich eine Menge Phantasie und einen langen Atem brauchen: WERBUNG. Ich muss meinen Roman selbst bewerben, über sämtliche Kanäle, die mir zur Verfügung stehen. Ich muss die Y-Chroniken beatmen, mit Leben füllen. Hier kleine Zusatzgeschichten, dort ein kleines Hörspiel und alles, was es für eine schöne Fanseite benötigt. Lesungen wollen organisiert, Texte rangeschafft und der zweite Teil nachgelegt werden. Ja, der hat schon einiges an Volumen, doch muss ich mich bezähmen, denn im zweiten Teil wird nicht alles auf einmal gesagt.
Werbung und Vermarktung, da braucht es mehr als nur ein paar Träumereien von Radiobeiträgen, Auftritten in TV-Talkrunden oder ähnliches mehr. Ja, das wäre schon sehr nett, wenn es jedoch zu Auftritten in Talkrunden kommt, dann bin ich bereits erfolgreich. Soweit darf man das nicht vergessen.
Wie isst man einen Elefanten?
Ich weiß, was ich schreiben will, ich weiß, worauf die Geschichte hinausläuft und ich weiß, dass mein Endziel eine Serie ist, an der ich zumindest mitschreibe. Hielt ich meinen Gedanken für besonders, dass es sich um einen Welt-Plot handelt, bei dem in jedem einzelnen Teil eine andere Figur im Fokus steht? Ja, dachte ich. Ich habe mich im langen Prozess damit auseinandergesetzt, ob Paul und Bianca bleiben, als zentrales Antagonisten-Gestirn. Ja, die anderen Figuren sollten am Rande schon weiter mitlaufen, sozusagen mitwachsen, ihre Beweggründe, ihre Entscheidungen, ihre Wünsche und Ängste sollten jedoch kein zentrales Thema umranken. Ich wollte – und werde es so auch machen – die Welt durch verschiedene Blickwinkel betrachten. Vor allem finde ich spannend, unterschiedliche Genres zu kreuzen und durch diese Wechsel hindurch einen ganz leisen, klaren Faden einer Tonalität wirken zu lassen. Der Stoff erhält so einen Schimmer, den nicht alle erkennen können. Soweit das Ideal.
Und ich dachte, das sei eines meiner Alleinstellungsmerkmale, denn alle anderen Serien drehen sich in der Regel um eine Hauptfigur. Im Prinzip arbeitet Julia Quinn mit ihren Schmachtschinken Bridgerton in ähnlicher Weise. Sie widmet jeden Band ihrer Saga einem anderen Familienmitglied und arbeitet sich durch, so dass die anderen Familienmitglieder zwar auftreten, auch mal was zu sagen haben, sich auch weiterentwickeln, aber ihre Geschichte ist erzählt und nun folgt eine andere leidenschaftliche Liebesgeschichte. Der Rote Faden bei den Bridgertons ist Lady Whistledown bzw. Penelope Featherington und wie sie sich langsam von einer Raupe zum Falter hin entwickelt. Andererseits bleibt die Autorin Collins in einem Genre und das will ich selbst überwinden.
Eine weitere Parallelität ist die Anzahl der Figuren. Auch in meinen Geschichten (eigentlich schon immer) treten viele viele Figuren in Erscheinung. Der einzige Roman, der das nicht hat, ist die Nietzsche-Frau, das sind drei Figuren. Sollte ich zu Lebzeiten gefragt genug werden, würde ich diese Geschichte final korrigieren und publizieren. Doch das ist eine andere Geschichte. Das Zeitmedaillon bräuchte ebenfalls nicht mehr viel Schliff – andererseits, heute schreibe ich anders. Man wird sehen. Die Chaotologie wäre ein Liebhaberstück. 🙂
Der schwierigste Teil, der vermutlich wenig begeisterte Fans finden wird, ist der erste. Ich weiß das. Dafür gibt es zahllose Gründe: sehr langatmig erzählt, sehr komplexe Sprache, anspruchsvolle Wechsel mit zahllosen Lücken, die sich der oder die Lesende selbst füllen muss, viele Figuren, als Genre ist eine Liebesgeschichte in einem Science Fiction sehr anspruchsvoll (entweder lesen Männer SiFi oder Frauen Liebesgeschichten, der Mix gelingt dann selten). Und da es noch sehr lang ist – für ein Debüt viel zu lang, würde mich wundern, wenn ich in den ersten Jahren mehr als 150 Exemplare verkauft bekäme. Sollte ich es deswegen nicht so aufwendig und (für mich) teuer veröffentlichen? Nein, ich denke genau das Gegenteil. Inzwischen liebe ich diese Geschichte besonders: diese bunte Männermischung im Stollen, die vielen Dinge, die nebenher passieren und wie sich daraus eine neue Welt erschaffen hat. Ich darf nur nicht vergessen, dass die Gummipuppen in Teil II noch ein Comeback brauchen. Auf jeden Fall werden die Sektkorken knallen, wenn ich die Marke von 150 verkauften Exemplaren erreicht habe. Und eine Chance habe ich, wenn es im ersten Jahr der Veröffentlichung passiert.
Was bei all meiner Planung wichtig ist:
- einen Arbeitstag pro Woche für das Schreiben
- einen für all die Korrespondenz und Werbung
- drei Tage, um richtiges Geld zu verdienen;
- einen für Theaterseminare, Tangolektionen oder ähnliche Projekte
- einen Tag für mich und die Küche oder den Garten.
Mehr als sieben Tage hat die Woche nicht. Das will also genau überlegt und entschieden werden. Drei Tageswoche, da wird wenig für meine Rente hängen bleiben. Ich brauche also für die Rente einen Plan B: Erbschaft, reiche Heirat, Mäzen, Ruhm. Ich weiß, der Ruhm ist mir ja gewiss, aber macht der satt? Vor allem brauche ich eine Lösung, falls ich so alt werde, dass ich gepflegt werden muss. Was, wenn ich das alte Altsein nicht verhindern kann oder verhindern will? Will ich auch in diese Falle tappen zu glauben, dass ich nur älter werde, nicht gebrechlich, unbeweglich, krank, vergessend, hilfsbedürftig? Das alles will ich nicht werden, aber schützt mich der Wille davor?
Bevor wir dahin schauen, schauen wir auf die nächste Lebensphase, meine totale Freiheit. Womit ich mir beweise, dass der Mensch doch mehr Freiheit hat, als die meisten sich zugestehen, wenn ich das wirklich realisiert bekomme. Die kleinen Schritte hin in eine andere Wirklichkeit:
- Jetzt zu Ende bringen, was ich begonnen habe: Musical, Finanzamt, Autoumbau, Jobsuche
- Kündigen meiner Lehrtätigkeit und einen neuen Vertrag für sechs bis acht Monate unterschreiben
- Filmfestivals, BUT-Seminare belegen bis zum Abschluss, Tangolehrerausbildung, Universität besuchen
- Umherreisen, dazwischen online Geld verdienen oder auf dem Weg (Housesitting, Oma-Nanny, Gelegenheitsjobs, auf der Straße Theater oder Singen)
- Die Romanteile 3, 4, 5, evtl. 6 schreiben, mich weiter an Drehbucharbeiten begeben und die verkaufen
- Beenden der Lebensphase mit 57 oder 58 Jahren, indem ich sesshaft in einer schönen Stadt (Potsdam, Freiburg, o woanders) werde.
Eine schöne Liste. Das Hausprojekt schließt diese Lebensphase des Reisens und Treibens. Das ist dann meine Abschlussphase und da möchte ich dann ankommen und all das machen, was noch in mir ist, wie auch Oma-sein, bevor dann mein Körper den Rückzug anstrebt. Am liebsten möchte ich so eine alte Lady werden, wie es M.’s Mutter ist, doch wer weiß, was der Lebensweg bereithält.