Gleich mit dem Start der Sommerferien NRW eröffnete das Filmfestival NaturVision in Ludwigsburg. Für dieses Festival schnitt und vertonte Sabine Willmann als Produzentin und Regisseurin den Film „Konsum“ bis kurz vor der Premiere beim Open Air Festival. Das Bild oben zeigt zum Beispiel das Gespräch mit der Crew und Sabine Willmann nach dem Präsentieren ihres Films „Konsum“. Ich bin der Einladung von Sabine gefolgt und habe vier sehr interessante und aufschlussreiche Tage erlebt, als ich sie auf ihrem Weg durch die Festivaltage begleitete. Sabine war nicht nur als Filmemacherin unterwegs und gab Interviews, sie zeigte sich als Fachfrau bei einer Tagung und leitete ein Seminar, weiter übernahm sie organisatorische Aufgaben als ehrenamtliches Mitglied der Festivalveranstalter.
Filme für Schulklassen und mehr
Doch der Reihe nach:
Mittwoch (18.7) kam ich in Stuttgart an. Dort hat mir Sabine beim Indischen Filmfestival eine Karte hinterlegt, denn sie war sich sicher, dass sie das zum Film pünktlich nicht schaffen würde. Ich war pünktlich da, doch der Film Kuchh Bheege Alfaaz [Rain Soaked Words] (Eröffnungsfilm) von Onir hat mich nicht so sehr begeistert. Vielleicht fehlt mir auch das indische Gen dazu. Die Geschichte war mir zu durchsichtig, zu flach gefilmt und das Poetische ist mir durch die Sprache abhanden gekommen. Nachdem ich mich vor dem Filmende rausgedrückt hatte, kam doch noch Sabine und begrüßte einhundert Hände.
Am Donnerstag holte sie mich bereits um kurz vor 9 Uhr bei ihrer Freundin ab, bei der ich dankenswerterweise übernachten durfte. Auf dem Tagesprogramm standen Filme mit Schulklassen und anschließenden Gesprächen mit dem Regisseur oder einem Schauspieler des Films.
Ich habe den Film „Ridoy – Kinderarbeit für Fußballschuhe“ von Irja von Bernstorff mit einem 12-jährigen Jungen gesehen, der in seinem Land Felle gegerbt hat, damit seine Familie überlebt. Dazu haben wir dann mit der Regisseurin via Skype gesprochen.
Außerordentlich interessant war die Frage, was weiter mit dem Jungen geschehen war, als die Lederfabrik schließen musste, denn das verriet der Film nicht. Dieser Film wurde später auch mit einem Preisgeld in der Rubrik „Kinderfilmpreis“ gekürt. Ein Film, der sehr nachdenklich macht – Jugendliche wie Erwachsene.
Einen Film sah ich über Naturhelden, einen über das Erzgebirge, einen über Foodsharing und Unverpackt-Läden und einen über die Alm und Ochsenzucht. Die Gespräche wechselten mit dem Publikum. Sabine war sehr geduldig mit den Schüler*innen und hielt das Gespräch noch lange im Gange, obwohl die Kinder bereits unruhig waren. Ich hätte längst vorher abgebrochen und doch, war ihre Taktik die passendere.
Für die lange langatmige Eröffnung wurden wir mit dem Eröffnungsfilm am Freitag belohnt: Sex, Lies and Butterflies – Wunderwesen Schmetterling von Ann Johnson Prum. Ein so poetischer und schöner Tierfilm ist mir selten vor die Linse gekommen. Ja, ich bin gar kein Doku-Fan; Tierfilme habe ich als Familienfilme mit meiner Mutter in Erinnerung: Die Wüste lebt.
3712 Stimmen wurden am letzten Wochenende beim NaturVision Filmfestival im Central Filmtheater im Wettbewerb um den LKZ-Publikumspreis abgegeben. Den ersten Platz machte die Dokumentation „Sex, Lies and Butterflies – Wunderwesen Schmetterling“ von Ann Johnson Prum.
Mit Recht – würde ich sagen, denn der Film fängt nicht nur schöne Bilder ein, sondern erzählt die wundersame Entwicklung und Reise des Distelfalters, wie er von einem blauen Ei zu einem Schmetterling entwickelt und wie er in der Wüste startet, seine Eier ablegt und Richtung Norden aufbricht; wie dann Generation für Generation weiter Richtung Norden wandert, bis die letzte im Spätsommer in den skandinavischen Ländern landet. Und dann verschwindet der Falter? Nein! Die letzte Generation des Sommers fliegt hoch in der Luft zurück in die Sahara, von wo aus die erste Generation gestartet war. Und der Kreislauf wiederholt sich. Faszinierend schöner Film, der keine Minute langweilig ist, denn es wird von allen möglichen Schmetterlingsarten erzählt.
Freitag und Samstag und Sonntag noch mehr Filme – meine Highlights
Der Film „Wunder von Mals“ von Alexander Schiebel erzählt von einer kleinen Stadt, die sich nachdrücklich und unaufhaltsam gegen Apfelplantagenkonzerne und ihre Pestizide gegen die Insekten wehren, weil sie sich vergiftet fühlen.
Mich beeindruckte die nicht-wertfreie Darstellung und die freundliche Hoffnung der Malser, einem kleinen Städtchen in der Schweiz. Ich merkte, wie ich während des Schauens immer wütender wurde, weil diese Geschichte zeigte, wie die Demokratie von einflussreicher Firmenpolitik mit Dreck beworfen wird – oder mit Gift vergast. Irgendwo tief in mir glaube ich auch an die Demokratielüge, ich will sie glauben. Da fand ich es gerade sehr spannend, dass sich die Malser nicht entmutigen ließen und auch nicht aggressiv wurden, dass ihre Ideen innovativ und juristisch sowie moralisch richtig waren. Ich habe mir den Film angesehen, weil ich wissen wollte, wie man sich denn gegen die finanzielle Übermacht wehren kann. Wie kann das gelingen!?
Zum Filmischen kann ich sagen, dass ich hier gerade die Frauenpower mochte, ebenso das episodische Erzählen, und die Verquickung, die sich erst durch das Gesamtbild ergab. Es bleiben am Schluss Fragen offen, wie die Prozesse seitens der Großkonzerne ausgehen, wie es dem Bioapfelbauer nach der versauten Ernte ergeht und ob sie letztlich den Kampf gewinnen. Durch das Nachgespräch klärte sich die Fragen dann noch. Der Regisseur räumte auch ein, dass er letztlich parteiisch gedreht habe, dass er die Antworten der Goßkonzerne und Landespolitiker nicht abgefragt habe, weil er auch eine Haltung habe. Diese Haltung habe er mit dem Film gezeigt. Wer weitere Infos dazu sehen will: http://wundervonmals.com/ Hier findet ihr auch Hintergrundinformationen und viele kleine Videoclips.
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Manche Filme – nicht nur Spielfilme – gehen mir nahe, weil ich doch sehr nah am Wasser gebaut bin. Dazu gehört der Film „system error“ von Florian Opitz. Der Spiegel erklärt zu dem Film:
Antikapitalismus-Film „System Error“ Besuch bei den Wachstumsjüngern
Vom argentinischen Sojabauern bis zum Trump-Berater: Manager und Politiker setzen auf ewiges Wirtschaftswachstum. Der Dokumentarfilm „System Error“ erforscht ihren Glauben, ganz erklären kann er ihn nicht.
Dieser Film machte mir körperlich Schmerzen, als ich sah, wie die Rinder in Amazonas gehalten werden, manchmal sind Bilder schlimmer als die Phantasie es vermag. Nicht, dass ich das nicht irgendwie weiß, wenn ich darüber nachdenke, doch manche Dinge haben kein Bild, wenn es ein abstrakter Begriff ist, und wenn sich dann die Bilder aufdrängen – was ja beim Film sozusagen symptomatisch ist -, dann werde ich sie nicht mehr los. Als ich diesen Film sah, mit Tränen in den Augen dachte ich, dass damit auch meine Schüler*innen erkennen, dass es keine heile Welt in der Finanzwirtschaft geben kann, dass das Geld sich nicht selbst vermehrt und dass sicher nicht alle reich sein können. Diesen Kontext konnte und musste der Zuschauer selbst erschließen. So geschickt waren die Bilder und die Marx-Zitate verwoben worden.
Im Gespräch erklärte Florian Opitz, weshalb er sich entschieden hatte, den Film so abzudrehen, obwohl keine Frau in seinem Film zu sehen ist. Auf der NaturVision wurde immer wieder deutlich, dass sich Regisseur*innen ständig auch mit der Gender-Frage, der Quotenregelung und mit dem Bild der Frau auseinandersetzen müssen. In diesem Film habe sich keine Frau vor der Kamera darstellen wollen, zumal es ohnehin in diesen Segmenten wenige Frauen gäbe.
Außer Filme?
Neben den Filmen gab es noch viel mehr Programm: Markt von Übermorgen; Science Slam; Workshop zum Thema „Nachhaltigkeit beim Dreh“; Preisverleihung, Get together, etc.
Der Science Slam am Freitagabend war sehr beeindruckend. Fünf unterschiedliche Wissen-schaftler traten gegenein-ander an, darunter eine Frau – wo schon so viel wert auf Gender gelegt wurde. Wissen witzig und unter-haltsam zu verpacken war nicht so leicht, wie es sich anhörte. Wir hörten vom Schlaf der Schnecken (die letztlich gewannen), von einer alten Liebe zum Auto und dem Recycling-Konzept, von Fischen, die so tun, als wollten sie eine ganz andere Fischdame für sich gewinnen und zwei weiteren Inhalten, die ich vergessen habe. Wie erstaundlich, dass eine war so lehrerlike aufgezogen, dass ich gedacht habe, dass ich mir das für immer merken müsste.
5. NaturVision Science Slam
Freitag, 20. Juli 2018, 19 Uhr
Albrecht Vorster von der Uni Tübingen ist der Sieger des 5. NaturVision Science Slams. Er erforscht an Schnecken den Einfluss des Schlafes auf Lernverhalten und Gedächtnis. Und am Ende des Abends war allen klar, welchen Hintergrund Omas Schlafprobleme haben. Wir gratulieren Albrecht und danken allen Slamern für den grandios witzigen und lehrreichen Abend, Philipp Schroegel für seine tolle Moderation und dem Institut Dr. Lörcher für die Unterstützung des Slams.
Schließlich wäre noch das Get together zu erwähnen. Ich sass zusammen mit Sigrid aus Münster, die ich auf anhieb sympathisch fand, und dem großen Wolfsfreund Andreas Hoppe, den irgendwie alle aus irgendwelchen Tatorten kennen – nur ich nicht. Sehr angenehmer Mensch mit diesem winzigen Hund, den er bei sich hatte.
Am Ende bei der Preisverleihung wurden viele Filme gekürt, die ich dann nicht gesehen hatte. Der kurze Einblick nach der Verleihung rührte mein Bedauern dabei häufig an. Allerdings bin ich froh, dass ich „das System Milch“ von Andreas Pichler nicht zufällig als Film erwischt hatte, schon der Ausschnitt verleitete mich dazu, einmal mehr meinen Milchkonsum in Zweifel zu ziehen.
Ausblick 2019
Nächstes Jahr fällt der Start des Festivals noch in unsere letzte Schulwoche vor den großen Ferien.
Termin für das NaturVision Filmfestival 2019
Das nächste NaturVision Filmfestival findet vom 11. bis 14. Juli 2019 im Central Filmtheater Ludwigsburg statt. Die Einreichfrist für den Internationalen Wettbewerb wird der 25. Februar 2019 sein.
Dennoch hab ich mir schon gedacht, dass ich gerne wieder hinfahre. Allerdinds wird Sabine nicht dasein, sie wandert mit ihrem Mann in Amerika herum. Schade.
Danke dir, liebe Sabine! Hab so viel hinter die Kulissen geschaut, bin mit etlichen Menschen in Kontakt gekommen und durfte ganz der Laie bei allem dabei sein. Es war so spannend und aufregend und umfassend für mich, vielen DANK.