Ein Nicht-Auszug aus meinem Roman als Klappentext?

Würdest du das machen? Es ist interessanter als ein Auszug aus dem Roman zu präsentieren, weil in diesem Ausschnitt alle Probleme angerissen werden, doch kann man das so machen? Bricht es nicht die Erwartung, wenn der Leser oder die Leserin das Buch in der Hand hat und diesen Nicht-Auszug liest? Ja, er könnte in dem Roman stehen. Doch zeitlich liegt er vor der Geschichte des Romans und er ist nicht aus der Ich-Perspektive geschrieben, wie Anna sonst in dem Roman berichtet. Also ein Nicht-Auszug. Auch kein Teil des Prologs, weil der Zeitpunkt weit vor dem Beginn des Prologs liegt. Damit ihr wisst, wovon ich spreche:

Anna stand an für Brot. Nicht wie damals beim Lockdown während der Corona-Infektion, weil man einen großen Abstand einhalten musste. Vor ihr noch elf Frauen, hinter ihr viele weitere. Die Maske schützte sie vor der Asche. Die Leichen wurden in Takt von zwei Stunden auch auf dem Parkplatz vor dem Rathaus verbrannt. Der beißende Geruch von verbranntem Fleisch drang durch den Filter in ihre Nase. Sie nahm es kaum mehr wahr.

In Gedanken war sie beim letzten von ihr obduzierten Leichnam und suchte eine Lösung gegen dieses Virus. Ob sie noch Brot bekommen würde? Viele Alternativen zu diesem Anstehen gab es nicht mehr. Die Regale in den Supermärkten waren leer. Keine Milch, kein Mehl, keine Hefe, Eier, Nudeln, kein Reis und keine Kartoffeln, auch keine Konserven mehr. Kriegsähnlicher Zustand auf der Straße, aufgerissene Müllbeutel breiteten sich aus, Abfall, streunende Hunde, zerbrochenes Glas, Möbel. Knirschen unter den Schuhen. Anna starrte in sich gekehrt auf Bruchstücke von Fensterscheiben zu ihren Füssen. Ein Trum, viele Trümmer dachte sie ganz unzusammenhängend. Trum, ihre Großmutter hatte davon erzählt.

Wie würde sie ihrem Mann helfen, wenn ihr keine Lösung einfallen wollte? Ihr Mann kämpfte in ihrem Elternhaus um sein Leben, bereits seit zwei Wochen. Zwei Wochen schon, ein kleiner Hoffnungsschimmer lugte durch ihre Gedanken. Sie klammerte sich an ihn. Er könnte zu den fünf Prozent der Überlebenden gehören. Als Ärztin wusste sie, dass die Wahrscheinlichkeit gering war, sehr gering. Sie fragte sich, wie sie hier so ruhig stehen konnte? Innerlich lachte sie scharf, als sie ihre aktuelle Situation mit der Coronazeit verglich. Den Schläfervirus hatte niemand erwartet. Wenn Viren eine biologische Lebensform waren, dann war dieser Virus eine sehr zynische und grausame. Ihr Magen biss an ihre dünnen Magenwände. Sie ignorierte den Schmerz wie gewöhnlich.

Als sie an der Reihe war, nahm sie das erste Mal ein Gesicht vor sich wahr. Tief in den Höhlen liegende Augen mit schwarzen Rändern blickten sie an, der Arm hielt ihr ein Brot entgegen, der andere ausgestreckt mit flacher Hand verlangte nach ihrer Essensmarke. Als sie nicht schnell genug reagierte, riss die Frau sie ihr ungeduldig aus den Fingern. Worte wechselte keine mehr. Anna ergriff das Brot und machte sich auf den Rückweg zu ihrem sterbenden Mann...

Klappentext zu „Oben – Unten“ von Scarlett H Mirro

Kann man das machen? Würde das den Leser oder die Leserin irritieren, dass dieser Text nie Teil des Romans ist? Wird er sich betrogen fühlen, wenn er bemerkt, dass der Klappentext eine auserzählte Episode ist, die so nicht aufgegriffen wird? Nicht in der Form. Anders natürlich schon.

Ich wäre für Hinweise dankbar. Gerne hinterlasst mir einen Kommentar.

Den Roman selbst herausgeben – die Entscheidung ist gefallen (mehr oder weniger)

Kennt ihr das? Man weiß genau, was zu tun ist, doch hofft man, dass es dazu nicht kommt! SO geht es mir jetzt. Ich weiß, es ist vernünftig diesen Schritt zu gehen, es ist sinnvoll, die Veröffentlichung selbst in die Hand zu nehmen, nicht auf einen Verlag oder eine Agentur zu setzen und doch – ich hab Hemmungen, diesen konventionellen Weg zu verlassen. Aber wäre ich ICH, wenn ich mich davon abhalten ließe, wenn nicht gerade die Erkenntnis, dass ich Hemmungen, Sorgen und Ängste habe, dazu führt, dass ich es mache?

Was macht mir Sorgen?

Ich habe Angst davor, dass das, was auch immer es ist, plötzlich so groß wird und ich den Prozess nicht mehr händeln kann, bevor ich „mitgewachsen“ bin. Gleichzeitig denke ich: Was, wenn es niemanden interessiert? Wenn ich kein Feedback bekomme? Was, wenn ich für Peanuts investiere? Wäre ja nicht schlimm, wenn ich selbst nur Peanuts investiere für den Erfolg, aber umgekehrt? Andere finanzieren in ihr Hobby mehr als ich bislang in meine Ideen. Ist das aber vergleichbar? Klar braucht ein knackiger, duftender, roter Apfel keine Werbung, aber auch er braucht eine Begegnung. In dem großen ganzen Gewimmel von roten, knackigen Äpfel, wie den duftigsten ermitteln? Ich verstehe das Konzept der Offenbarung – kognitiv verstehe ich das … und Hemmungen sind dennoch da.

Mein persönlich dritter Knackpunkt: Manchmal denke ich, ich bin zu grob geschnitzt, zu wenig professionell, zu wenig genau, spare vielleicht an der falschen Stelle den Einsatz von Geld, Zeit und Kraft.

Vertrauen und Atmen. Letztlich kann man nur einen Schritt vor den anderen setzen.

Was sind meine nächsten Schritte?

Wenn ich den Roman selbst publizieren will, sind es bestimmt Schritte, die ich sozusagen vor der Publikation erledigen muss.

  1. Cover des ersten Romans gestalten lassen, damit es eine gewisse Professionalität ausstrahlt.
  2. Mich über die Möglichkeiten, Richtlinien und Fallstricke als Selfpublisher informieren.
  3. Nach der Beta-Lese-Runde die korrigierte Endfassung mit dem Cover als Selfpublisher veröffentlichen. Dafür einen gut gewählten Zeitpunkt aussuchen.
  4. Konzept, Verlaufsplan zu dem Videoblog (oder so ähnlich) „Making of dysTOPOI“- womit ich schon begonnen habe.
  5. Werbestrategien planen und anlaufen lassen.
  6. Community Betreuungskonzept entwickeln.
  7. Startschuss für Video-Logbuch und für den Roman festlegen.
  8. Und dann die Betreuung, das Nachfassen, das Nachsorgen. Da beginnt die Arbeit.

Es ist ein Prickeln in meinen Blutbahnen, verheißungsvoll und voller Bewegung. Eine bewegte Aufbruchstimmung, die sich immer wieder mit den Sorgen und der Angst vermischt. Mit den Zweifeln, die wie Schatten an der Angst kleben. Angst – kenn ich gar nicht, dachte ich. Angst, selbst hier muss es schon ein besonderes Format bekommen, damit sie mir den Hals abschnürt. Und doch, die Euphorie, das Gefühl, etwas Besonderes gefunden zu haben …

Bleib doch, bleib bei der Euphorie!

Die sechsstündige Vorstellungsrunde von acht Persönlichkeiten mit innovativen Projekten – Treffen der Drehbuchwerkstatt Berlin im Literaturhaus

Worüber spricht man, wenn man sich aus einem Onlineseminar – genauer aus einem von Aleksandra Kumoreks Drehbuchwerkstattseminaren – kennt und sich zum Netzwerken trifft? Natürlich über das Verbindende. Wie naheliegend. Wenn man die Vorstellungsrunde jedoch zelebriert, bei der alle zuhören und nachfragen, dann wird aus einer sonst meist langweiligen, trägen Vorstellung ein Ereignis bunter Vielfalt; dann entsteht eine synergetische Mischung von Erfahrung, Tipps und Spannung.

  • Nummer eins der Teilnehmenden erzählte von seinem Betreuungsprojekt von Iranern in Berlin.
  • Nummer zwei erzählte von einem Filmprojekt zu den trojanischen Geräten einer Firma in der Schweiz und über sein Projekt zum Thema „Dialekt“.
  • Ich als Nummer 3 berichtete von meinem Roman und der Idee, in drei Jahren auszusteigen, um weiterzuschreiben.
  • Nummer vier erzählte von seinem PC-Spiel, an dem er arbeitet, obwohl er gar kein Gamer ist.
  • Nummer fünf erzählte von einem Filmprojekt in der Antarktis, das sie begleitet hat und nun ein Film zum Thema „Schnee“ plant.
  • Nummer sechs berichtete von einem Filmprojekt in Ecuador, wohin sie möglichst bald wieder möchte, weil sie das Dreh- und Schauspielteam zusammenstellen möchte und internationale Fördergelder aufgebraucht werden müssen.
  • Sieben pries eine neu entdeckte Online-Marketing-Strategie an; durch eine gut gefütterte und gewachsene Community ließen sich mehr Interessierte erreichen als durch konventionelle Möglichkeiten – also statt analog.
  • Acht führte ihren Plan aus, einen besonderen Tag ihres Leben als Drehbuch zu verwirklichen.

Ein Projekt spannender als das andere, ein Thema informativer als das andere. Wie eine duftende bunte Blumenwiese mit Schmetterlingen. Zwischendurch haben wir gegessen. Und ich hatte mir eine kleine Pinkelpause genehmigt. Eine. Es war so spannend.

Making of (m)eines Traums – erste Anzeichen von Bewegung

Aleksandra ermunterte mich, doch weniger auf die konventionelle Vermarktungsstrategien meines Romans zu setzen, sondern mir eine Community zu zulegen und diese stärker für mein Projekt „Roman“ zu begeistern, als ich gerade ausgeführt hatte, dass ich erste positive Reaktionen auf meinen Roman erhalten hätte. Sie berichtete von einem Vertag für ein Lehrwerk, den sie letztlich nicht unterschrieben hat, weil sie nicht nur sehr wenig daran verdient hätte, sondern weil sie zudem alle Recht an ihrem Text und an die Verbreitung sowie Nutzung des Inhalts verloren hätte und weil der Verlag letztlich damit hätte machen können, was er gewollt hätte.

Ich halte mich hier zurück, Auszüge meines Romans zu veröffentlichen, um nicht das Risiko einzugehen, dass deswegen kein konventioneller Verlag den Roman übernimmt. Doch ist das nicht eigentlich idiotisch? Aleksandra rät zu Selbstermächtigung – lieber Selbstverlag oder Selfpublishing als mit diesem Knebel in die Öffentlichkeit.

Dann die entscheidende Ergänzung: Ich fragte, ob nicht jemand der Anwesenden als Filmemacher Lust hätte, meine Geschichte von jetzt bis zum Aufbruch, um Schreiben zu können, zu verarbeiten und zu publizieren. Vivien erklärte, dass ich doch besser ein Videotagebuch führen sollte, in dem ich selbst das Making of nach und nach einem Publikum erzähle, dass sich dafür interessiert. Ich solle erzählen:

  • wie es dazu kam, dass ich die Geschichte geschrieben habe,
  • wieso ich die Schule verlassen will und was das mit dem Text zu tun hat,
  • was an dem Thema so reizvoll ist,
  • wie ich zu den einzelnen Themen recherchiert habe,
  • welche Fragen mich noch beschäftigen,
  • wie verschiedene Reaktionen sind, etc.

Dialogisch, die Zuschauenden mitnehmen, Rahmenhandlungen dazu erzählen, Up and Down`s ergänzen. Keine künstliche Autorenmarke, keine aufgespritzte Story, statt dessen das, wofür ich brenne. Am besten auf zwei Kanälen: YouTube und Instagram. Selbstermächtigung statt Bittstellerhaltung. Bettina meinte, ich hätte was zu erzählen, ich wüsste, wovon ich spreche. Das Polarisierende als Element des dialogischen verwandeln und Kampf vermeiden. Handwerk, Technik, Persönliches, Philosophie, Story. Das lässt sich verknüpfen.
Aleksandra erklärte, dass das Ganze eine Dramaturgie benötigt und diese Dramaturgie sei planbar.

Frauen – Frauenthemen – Feminismus

Natürlich ein Roman für Frauen – hab ich auch immer gedacht. Ist er aber nicht eher ein Roman für Männer? Schon mein erstes Thema für einen Videoblog? Vielleicht nicht der günstigste Einstieg. Aleksandra Kumorek berichtete von ihrer bald an den Start gehenden Idee der #Medienmacherinnen über Instagram. Ultrabegeistert. Begründete, wieso sie ein kleines „i“ in ihrem Wort hat, wieso sie sich ausgerechnet an Frauen wendet und nicht an Männer und Frauen. Weiter folgte, was sie plant, wie sie vorgehen wird, weil sie schon vor vielen Jahren die Diskrepanz zwischen Frauenfähigkeiten und Frauenumsetzung gesehen hat. Wie war es zu erklären, weshalb Frauen trotz ihrer Kompetenzen deutlich weniger daraus Gewinn schöpfen können, als Männer? Dann erzählte Aleksandra ausführlich, dass sie ganz sicher auch auf diesen Knebelvertrag des großen Verlags hereingefallen wäre, wenn bestimmte Parameter anders gewesen wären: Angewiesenheit auf die Publikation, mangelnde Sachkenntnis und Sachverstand, keinen anderen Erfolg, Selbstwertschöpfung, Akzeptanz von Gegebenheiten. Die Betreuerin des Verlags hatte ihr versichert, es handelte sich um einen gewöhnlichen Standardvertag. Mindsetting als neues Zauberwort. Den Frauen fehlt es nicht an Kompetenz, sondern an der richtigen Mischung der Selbstdarstellung, dem passenden Selbstbewusstsein und der Lust, nicht passend, lieb und gefällig zu sein, wenn es darauf ankommt.

Statt Manspreading anzuprangern, sich als Frau selbst im Raum behaupten. Statt die Männer Krähen lassen wie Gockel, einmischen und selbst Krähen und zwar selbst dann, wenn man glaubt, es sei nicht wichtig. Dann erst recht.

Und statt Kampf und Konfrontation besser Selbstermächtigung, Vernetzung und neue Territorien. In diesem Sinne – auf in die Gleichberechtigung des Internets?  

Empfehlungsschreiben – Wenn der Text den Texter ungewollt entlarvt.

Als Lehrkraft kommt es vor, dass mich ein junger Mensch um ein Empfehlungsschreiben für seine weitere Laufbahn bittet. Meistens sind es Jugendliche, die sich nach dem erfolgreichen Abschluss des Abiturs für ein Studium um ein Stipendium bewerben. Häufig handelt es sich bei diesen Jugendlichen auch um engagierte Schülys, die sich tatsächlich im Schulleben hervortun, soziale Ämter übernehmen und insgesamt zielstrebig wirken.

In letzter Zeit allerdings häufen sich jedoch Anfragen nach Empfehlungsschreiben an mich, bei denen ich nicht mehr weiß, wie ich darauf angemessen reagieren soll. Dass ich als Lehrkraft gemeinhin als Dienstleistungsfigur betrachtet werde, dass Schülys oft ein klarer Respektbezugsrahmen fehlt und dass es diesen jungen Menschen vor allem an Selbstüberschätzung nicht mangelt, ist mir durchaus bekannt, aber manchmal frage ich mich, ob es dazu Grenzen gibt?

Ein Beispiel von einer Jugendlichen, welche die Klasse 10 besucht:

„Meinen Durchschnitt kennen sie ja… Außerdem bin ich bei den Schulsanis und habe an der TU Dortmund an verschiedene Kurse in verschiedenen Fachgebieten teilgenommen. Ich denke das ich eine führende Rolle in Gruppen arbeiten übernehmen und oft erwachsen und Verantwortungsvoll Handel in der Schule. Sonst keine Ahnung was sie reinschreiben können…. Wir hatten ja auch mal vor zieh Jahren zusammen unterricht…“

Anonym

Der Absenderin ist es völlig egal, was beim anderen ankommt, weil sie davon ausgeht, dass ich sie schon irgendwie verstehe. Natürlich verstehe ich sie irgendwie. Ich kann daraus auch sinnvolle und rechtschreibfehlerfreie Sätze bilden. Doch was ist mit der inneren Haltung der Absenderin? Dudu macht das schon? Es hat so eine rotzige Art. Dieser Art Schreiben sind mehrere zu nennen, Oberstufe sowie Abgangsjahrgang.

Ich erklärte, dass das Stipendiumsgutachten irgendetwas enthalten sollte, was das Besondere des Probandys hervorhebt, zusätzliche Leistungen. Ich erhielt darauf hin folgenden Text, der auf zwei Seiten durch ein übergroßes Format (Schriftgröße) gestreckt war:

anonymisiertes Schreiben

Anerkennend muss ich sagen, die Lobeshymnenfloskeln hat sie gut in Anwendung gebracht. Ohne jeden Inhalt und gleich direkt beweisend, dass es sich ausschließlich um Floskeln handelt. Doch gleichzeitig entlarvt die Schreiberin die Floskeln als das, was sie doch so oft nur sind: Worthülsen.

Beispielhaft zeigt sich, wie wenig von dem umgesetzt worden war, was ich vorher erbeten hatte, denn welche Anforderungen nun die Stiftung oder die Förderer stellen, wird nicht deutlich, ebenso wenig ihr soziales Engagement, ihre Tätigkeiten an der Schule, etc. . Als PDF-Datei ließ sich das nicht ohne Umstände bearbeiten, so dass ich um a) eine erste Fehlerkorrektur á la Rechtschreibprogramm und b) um eine Formatveränderung bat. Im Grunde hätte die Jugendliche lediglich ihre erste Datei zusenden brauchen. Ich bat in einer weiteren Mail also um entsprechende Korrektur, ein anderes Dateiformat und weitere Informationen. (Natürlich hätte ich es in der Zeit drei Mal selbst geschrieben, aber mir geht es hier um die Ernsthaftigkeit der jungen Frau, die doch eigentlich etwas von mir will, nicht ich von ihr. )

Folgende Antwort erhielt ich daraufhin:

„Toll ich habe die Mail abgeschickt ausversehen. Also ich habe keine Ahnung von sowas und das Layout und alles.. Ich habe es auf dem Tablet geschrieben und auch meine Rechtschreibung.. Ich dachte das ist da nicht so das Problem weil sie dsd ja noch „schön machen“ wollen… Woher sollte ich vorher wissen das sie da nur die Unterschrift drunter setzen wollten… Ich habe mein bestes gegeben und von anderen Empfehlungsschreiben abgeschrieben, wenn es eine totale Katastrophe ist, dann habe ich halt Pech und ein Empfehlungsschreiben weniger für das Stipendium.“

anonym

Und mir drängt sich der Gedanke auf, wenn dieses Schreiben das Beste war, was eine ca. 16 Jährige verfassen kann, der zu sich und ihrem sozialen Engagement wenig einfällt, wenn der Tonfall für eine Gefälligkeit (denn zu meinen Aufgaben gehört dieses Service nicht) so geringeschätzend ist, dann kann die Ernsthaftigkeit zwar unbestritten, das Vermögen für ein Stipendium aber wohl kaum gegeben sein.

Auffällig und besonders ist neben all der jugendlichen Selbstüberschätzung, die sicherlich reifebedingt ist, dass die verbale oder schriftliche Äußerung einer Bitte kaum als Bitte gedeutet werden kann, viel mehr als Selbstverständlichkeit betrachtet wird. Wenn das Ergebnis der vom anderen erbrachten Leistung – in dem Fall von mir -, ungehalten und abfällig kommentiert wird, wenn Verärgerung auf der Seite des Absenders folgt, weil der andere nicht genau so funktionierte, wie man sich das gewünscht hat, statt sich selbst zu fragen, was der andere – als ich – denn mitteilen will, dann gibt es keinen Lernfortschritt.

Dieser Mangel an Sorgfalt jenseits von Leistungsbereitschaft und sozialem Engagement ist es, denn ich zunehmend beklagen ja sogar beweinen möchte. Wird an allen Stellen und Ecken mehr Sensibilität für die Schwächen, für Eigenschaften und Merkmale eingefordert, darf man immer weniger kritisch sagen, was man denkt, weil alles empfindlich persönlich und politisch zugleich wird, so möchte ich eine neue Rücksicht durch Höflichkeit. Bitte einmal den Satz bedenken, den ich gesagt habe. Äußerungen von Lehrkräften nicht sofort als Quatsch, als unangemessen oder als persönlich gewollte Kränkung abtun, sondern die Sachinformation suchen, die Beziehungsebene als „ungleich“ anerkennen, den Appell wirken lassen, und sei es einfach nur, weil wir studiert haben und schon ein paar Jahre mehr Lebenserfahrungen sammeln durften. Mir erscheinen die Jugendlichen mehr und mehr als „Ich will – sofort“-s denn als ernstzunehmende Persönlichkeiten, die etwas zu sagen haben.