Italien für drei ganze Wochen – was kann ich sprechen?

Woche 1 Verona und so – Hitze und Hetze

Ankunft 11. Juli 2023 (Dienstag)

Ankommen und keine Unterkunft haben könnte mit anderen Menschen anstrengend sein. Wir hatten freundliche Unterstützung von dem Menschen, bei dem wir zwar gebucht hatten, aber systemisch bedingt storniert wurden. Es dauerte etwas länger und knabberte den halben Tag weg. Schließlich hatten wir einen Ersatz, der zumindest die notwendigen Bedürfnisse gestillt hat. Da wir in dem Objekt unserer Wahl saßen und beratschlagten, wohin es denn nun gehen konnte, sahen wir auch die unerreichbaren Trauben. Wir hätten schöner wohnen können. Gut, dass dieses Ereignis nicht unsere Laune trübte.

12. Juli 2023 (Mittwoch) Am nächsten Tag Schach Matt durch Migräne. Auch unschön. Den ganzen Tag schlafen und schlafen. Abends erst ausgehungert los. Der Mann hatte schon seinen ersten Sonnenbrand und ich Nachholbedarf. Versprochen, dass wird trotzdem ein schöner Urlaub.

13. Juli 2023 (Donnerstag) Tag 3 dann gemeinsam Verona abgelaufen, alle Ecken bei Tage ein zweites Mal.

14. Juli 2023 (Freitag): Fein machen für die Oper „La Traviata“. In der Stadt strömen andere Menschen in schicken Kleidern Richtung Arena.

Eine besondere Atmosphäre war es allemale, doch teuer, weil man dort Getränke abnehmen musste, wenn man durstig war. Natürlich konnten wir die große Wasserflasche nicht mit hineinnehmen. Allerdings war die Akustik nicht so gut, wie gewünscht und man konnte auch ohne Operngläser gar nichts sehen. Zwar war die Kulisse für die Arena gemacht, nicht aber die Handlung, nicht aber die Inszenierung. Und da wäre sicher mehr gegangen – technisch gesehen.

15. Juli 2023 (Samstag) Doppeldisziplin: Vicenza und Venezia

Wir fuhren mit dem Zug nach Vicenza. Ein Stückchen weiter – soweit war es uns klar – beginnt dann Venedig. So groß und so wahnsinnig spannend war Vicenza nicht. Ob uns Venedig für mehr als ein paar Stunden reizen würde, wussten wir auch nicht. Zwei Städte an einem Tag, Steine, Fotos, weiter. Unterschiedliche Bedürfnisse wurden hier zur Deckung gebracht. Venedig hätte Zeit und leere Gassen gebraucht – zumindest für mich. Sicherlich eine sehr reizvolle Stadt, doch in diesem Tempo, mit diesen Massen sättigte meinen Bedarf dann vollständig. Vielleicht eine wirklich reizvolle Stadt, doch es braucht für mich einen anderen Rahmen.

Meter für Meter liefen wir durch die beiden Städte, so dass ich dann wegen der Hitze und wegen der Unruhe irgendwann am Kanal pausieren musste, mir Pistazien knabberte und dem Treiben zuschaute. In Vicenza hatte ich diese Phase auch gebracht und mit einem Pizzaessen verbracht. Ich brauche in der Hitze meine Phasen der Ruhe und sowieso sitze ich gerne irgendwo, nehme die Atmosphäre in mir auf und beobachte mich in diese Welt hinein.

16. Juli 2023 (Sonntag) ausschlafen und neue Ecken in Verona suchen – irgendwohin fahren mit dem Bus, weil es darin kühl war. Am Schluss bekommen wir doch wieder eine Kilometerpauschale und wir machen Meter. Wir haben uns Zeit genommen für einen Kaffee getrunken und Tiramisu dazu gegessen.

17. Juli 2023 (Montag) zum Gardasee: Peschiera dell Garda, Sirmione

Einen Tag lang keine Städtetour, keine Steine fotografieren, lieber einmal in einen Park oder sowas erbettelte ich mir. Deswegen fuhren wir nach Peschiera (gesprochen: Peski-era) dell Garda, um nach Malcesine (gesprochen: Maltschesine mit Betonung auf der zweiten Silbe) zu fahren. Direkt vor Ort warteten wir auf den Bus, der immer verspätet fährt (wie ich später feststellte) und entschieden uns, lieber mit der Fähre nach Sirmione zu fahren. Dafür saßen wir erstmal in diesem nichtssagenden Peschiera fest.

Dann fuhren wir mit der Fähre nach Sirmione. Die Halbinsel lässt sich leicht laufend erkunden, was wir trotz der Hitze auch taten. Erfrischende Abwechslung gab mir, dass wir teilweise wir durch den See waten mussten, denn der feste trockene Untergrund hatte an der Spitze der Halbinsel Lücken. Meine Sandalen waren seetauglich, die Turnschuhe nicht, so dass er deutlich vorsichtiger sein musste. Im See schwammen viele kleine Fischlein und Moos bedeckte die Steine. Ja, man hätte sich wie all die anderen einfach an den Strand legen und das Leben genießen können, doch wir sind weiter – zurück mit der Fähre und zurück nach Verona.

18. Juli 2023 (Dienstag) Abreisetag für meinen Reisegefährten. Nach einer Woche fiel ihm das schwer. Mir auch. Einen letzten Cappuccino, ein letztes Croissants und da steht der Bus schon bereit. In der Stadt fuhr der Mann zum Bahnhof, ich hingegen ging zu meiner nächsten Unterkunft. 9 Kilometer außerhalb der Stadt und ich wollte komplett zu Fuß hingehen.

Zwei Wochen allein weiterreisen – was kommt auf mich zu?

Passieren, so viel ist sicher, kann mir ja nix: zivilisierte, europäische Welt und ich bin mit einem universalen Wissenskoffer im handlichen Taschenformat (Smartphone) und dem universellen Verständnishelfer hauptsächlich bestehend aus Plastik (Kreditkarte) unterwegs. Außerdem bin ich weit aus dem riskanten Frauenalter raus, bald beginnt die Zeit, da ich froh sein muss, wenn ich als attraktiv genug gelte, damit man mir nachschaut. Alles Sorgenmachen fällt also bei Licht betrachtet sehr schwer. Langeweile habe ich auch wenig mit mir, aber vielleicht gibt es ja Dinge, die in meinem Kopf auftauchen, die ich ungern aushalte. Aber auch das ist nicht weiter lebensgefährdend.

Bin ich allein unterwegs, dann nehme ich mir sehr viel Zeit für die Wege und schau, was sich mir zeigt und was seine Aufmerksamkeit will. Einen Plan, was genau ich sehen muss, wohin ich gehen muss und dergleichen, fehlt mir oft. Einer meiner letzten Ex hat das auf unseren Touren immerzu heftig kritisiert, hat mir vorgeworfen, nicht richtig zu reisen und schon gar nicht zu wissen, was ich will. Er hat zumindest mit letzterem ein bisschen Recht, nicht insgesamt, aber ein bisschen. Das richtige Reisen ist ja so, wie das falsche Reisen oder Fehlschritte beim Tango zu machen. Das geht letztlich nicht. Es gibt nur eine eigene Tonalität vom Reisen und wenn die mit dem Reisepartner nicht übereinstimmt, dann findet man vielleicht eine Schnittmenge oder man stellt das gemeinsame Reisen schlicht ein. Mein Allein-Reisen hat mir allerdings erst gezeigt, was ich mir von meinen Reisen erhoffe und außerdem, wie anpassungsfähig an meine Reisebegleiter bin. Ich bin bereit, viele Abstriche von dem zu machen, was mir selbst Vergnügen bereitet. Jetzt bin ich NULL vorbereitet. Ist auch nicht schlimm, Wege entstehen ja beim Gehen.

Ich laufe also meine erste Schlafstätte ohne Mann an. 9 Kilometer raus aus Verona durch 34 Grad Hitze meist ohne Schatten und zunächst auch ohne Wasser. Völlig verrückt. In einem kleinen Supermarkt erstehe ich zwei Nektarinen und eine Flasche Wasser, die ich bis zum Ziel auch leere. Ich werde von einer lieben Gastwirtin in Empfang genommen, auch eine Reiseseele und bekomme als erste ein Wasser. Ihr Haus gleicht einem Museum, alles liebevoll zusammengetragen und arrangiert, wie man an dem Bild und dem Hut auf dem Ständer sehen kann. Wir kommen ins Gespräch.

Maggie bringt mich aus reiner Freundlichkeit am nächsten Tag nach Garda. Sie plaudert über die Gegend und erzählt mir, dass es bei Borghetto einen sehr schönen Park gibt, den ich mir unbedingt ansehen soll. Außerdem muss ich dort Tortellini essen. Hätten wir das früher gewusst, wären ich und mein Freund sicher dorthin gefahren. Also eine Idee, die wir noch einmal aufgreifen werden, denn wir sind uns einig, wir müssen nochmals herkommen – nur zu einer anderen Jahreszeit (März, April).

Malcesine (19. – 22.7.23) – pittoreskes Dörfchen

Malerischer kann eine Gegend kaum sein. Berge um den See, klares Wasser und Sonnenschein. Wäre nicht überall nur Deutsche, wäre es wirklich fantastisch. Nein, man spricht mich überall auf Deutsch an, sobald ich Buongiorno gesagt habe. Als ich aus dem Bus gestiegen bin, falle ich förmlich in mein gebuchtes Hotel direkt am See. Das Zimmer sei noch nicht fertig, erklärt mir der Hotelier auf Deutsch. Ich könnte bei einem Kaffee als Willkommensgruß warten oder das Gepäck stehen lassen. Ich wähle den Kaffee mit dieser Aussicht.

Es ist so entspannend, dass ich den ganzen Tag dort sitzen könnte und schon in dem Moment überlegte, ob ich eine Nacht anhängen solle oder nicht. Malcesine als touristischer Ort ist auf jeden Fall niedlich. Sehr viele Restaurants, kleine Gässchen, Geschäftchen, alles schön.

Zwei Ausflüge plus ein bisschen Ausruhen bei der Hitze und schreiben erlaubte ich mir an diesem Ort. Erstens besuchte ich den Berg, was ganz sicher eine schöne Idee war, wie die Bilder beweisen. Auf Monte Baldo begegnete ich dem ehemaligen Klassenlehrer von Lucy, Herrn Diedrich. Ich kam von Toilette, er wollte hin, auf der Treppe kam es zu einer unausweichlichen Begegnung. Es war eine sehr freundliche Steh-im-Weg-Begegnung. Außerdem hatte ich eine interessante langandauernde Falterbegegnung, denn der kleine Falter setzte sich auf meinen Finger und schlürfte genüsslich meinen salzigen Schweiß von der Hand.

Zweitens besuchte ich von dort aus Limone, was auch eine gute Idee war. Ich dachte, was für ein superorigineller Name für eine Touristenstadt, doch es hat seine Bewandtnis damit. Als Laie weiß man natürlich nicht, dass die Stadt wegen ihrer Zitronengärten, die über Winter mit Glas und Holzbauten geschützt wurden, einzigartig im 19. und Anfang des 20. Jahrhundert waren, so dass von dort aus die Limonen und Zitronen und alle Unterarten in die westliche Welt geliefert wurden. Ja, auch mein Wissen wurde durch das Museum erweitert. Jeder Text dort natürlich auch auf Deutsch.

Die Stelen im letzten Bild erinnern noch an die Vergangenheit, dass nämlich überall diese terrassenartig angelegten Limonengärten das Bild prägten. Heute prägt das Stadtbild die Touristen, die in kleinen Lädchen, Limonen aus Stoff, auf Papier gedruckt oder gestickt kaufen.

Paderno (22.7.23) nur für eine Tangonacht.

Wehmütig verließ ich Malcesine, lief ein bisschen durch Garda und dachte mir, dass das zwar auch ein schnuckeliges Örtchen sei, aber doch bei weitem nicht vergleichbar mit Malcesine war. Es wirkte für mich nicht so einladend und verträumt zugleich. Von da aus dann auf der Fähre nach Desenzano und dann mit dem Zug das letzte Stück nach Bresia und weiter mit dem Zug bis zum Hotel.

Von Brescia hab ich nichts nennenswertes zu berichten, denn Paderno ist doch ein sehr uninteressanter Vorort, der nur für mich der Tangounterhaltung diente. Die Anmeldung lief per SMS vorab mit Bestätigung, gebucht inklusive Praktika. Da es soweit entfernt von mir war und ein Bus nicht hinfuhr, dachte ich mir ein Taxi zu gönnen. Die Dame an der Rezeption lachte. Am Wochenende müsse man ein Taxi reservieren. Sie probierte es dennoch bei drei Unternehmen. Fehlanzeige. Dann brachte sie mich freundlicherweise. Ich war begeistert, sonst wäre aus der Praktika nichts mehr geworden. Bei der Praktika trainierten wir die Verzierung für Herr und Dame. Die Praktika habe ich mit zwei Männern durchgeführt, weil zu wenig Damen anwesend waren. Der eine war ein deutschsprechender Mann Names Massimo, der sich immer wieder versicherte, dass er nicht zu stark führte; der andere ein roher, blutiger Anfänger, der noch schlechter Englisch sprach als ich. Ich wollte tanzen und ich tanzte auch mit diesen beiden Exemplaren. In Italien fordert die Frau nicht auf. In Italien sitzt man auf dem angewiesenen Platz. In Italien spreche ich die Sprache nicht. Ich war ein Exot, aber nicht exotisch genug, damit die Herren neugierig waren. Auf Massimos Wunsch hin zeigte mir der Tanzlehrer, wie die Figur geführt wird und erklärte Massimo, dass ich das könne. Im Laufe der Milonga erkannte dann auch Massimo, dass ich deutlich über seinem Niveau tanzte. Leider wurde ich von anderen Männern wenig aufgefordert, obwohl ich den Herren ein Loch in ihre Gesichter guckte. Schlussendlich hatte ich ein paar wirklich schöne Tänze und ein paar nette Gespräche mit Massimo. Am Schluss bedankte er sich, dass ich überhaupt mit ihm getanzt hätte. Ich erklärte, dass wir Damen in Deutschland uns selten verweigern, schließlich sind wir alle nur auf dem Weg und jeder oder jede kann es nur lernen, wenn man auch mit besseren tanzt.

Und als ich nach einer wirklich schönen Abschlusstanda zum Hotel laufen will, werde ich nach einem Kilometer von einem Tangotanzpaar aufgegriffen und zum Hotel gefahren. Ich war dankbar.

Bergamo (23.7.23) – eine Stadt aus Mauern.

Warum genau ich hierher wollte, weiß ich gar nicht, aber jetzt, da ich sie gesehen habe, denke ich, ich würde gern mal mehr Zeit dort verbringen. Eine wirklich interessante Stadt, geprägt durch viele viele Mauern. Sicher auch dem geschuldet, dass es eine Ober- und eine Unterstadt gibt – verbunden durch eine Funicolare (Seilbahn) – , aber das ist es nicht allein. Ich finde sie sehr reizvoll und kann nur sagen, dass ich mich auf einen zweiten Besuch freue und fahre dann auch mit der Seilbahn.

Mailand (24. – 27.7.23) – direkt am Bahnhof liegt das Hotel.

Aus dem Italienisch-Unterricht wusste ich vom Dom, von dem großen Platz, den Modegeschäften und natürlich auch von der Madonnina, damit wusste ich mehr von dieser Stadt als von allen anderen Städten, die ich bisher gesehen hatte. Zwiespältig war ich, ob ich hier sein wollte, nach Malcesine und dem schönen Gardasee oder nach Bergamo. Diese Stadt jedoch hat was ganz besonders.

Am ersten Tag lief ich zunächst nur zur Orientierung herum. Dachte mir, dass ich am nächsten Tag mit den alten Trams fahren könnte, bewahrte mir das San Franzisco-Flair auf. Wollte auch Chinatown, Parks und andere Stadtteile erst später erkunden. Ich freute mich schon auf den dritten Tag, an dem ich mit meinem Rechner, einem kleinen Picknick in einem Park auf meiner bunten Decke sitzen würde, um dann zu schreiben. So waren meine Ideen.

In der Nacht kam es zu einem gewaltigen Sturmböen, Hagel und Regenfällen, die noch am nächsten Tag überall deutlich ihre Spuren hinterließen. Die Tram fuhr nicht, die Parkanlagen waren alle geschlossen, überall sah man umgeknickte Verkehrsschilder, entwurzelte und gebrochene Bäume.

Eine nicht-fotogene Chinatown zum Beispiel, in der ich eine der besten Pediküren hatte, die ich je im Leben genießen durfte; günstig war sie zudem. Die Fußmassage dauerte allein eine Stunde bestimmt. Es war sehr angenehm. Wenn ich meinem Geld nicht böse bin, geh ich morgen hin und lass mich massieren, bevor ich heimreise (habe ich doch nicht getan, war anders beschäftigt). Ich habe in dem Stadtteil auch Dumblings gegessen, die waren ganz gut.

Cimitero Monumentale (seit 1866)

Dann bin ich auf einen Friedhof zu gestolpert; das Gebäude sah von Ferne interessant aus. Das Castello hatte ich einen Tag vorher schon gesehen (umrundet), aber das Gebäude erinnerte auch an eine Burg oder Festung. Nein, es war aber ein Friedhof. Sehr spannend, wie reiche oder adlige Familien ihre Toten bestatten, mit welchen Phantasien sie dieses ins Jenseits schicken. Zwei Stunden bin ich dort spazieren gegangen und hatte nicht genug von den vielen verschiedenen Gruften, Grabskulpturen und Bildchen auf den Urnenplätzen bekommen. Die Gruften und Gräber sind so interessant und kunstvoll gestaltet, dass sie Geschichten erzählen. Ich hatte das Gefühl, hier könnten nach Mitternacht doch die Toten aus ihren Gräbern steigen und tanzen.

Dieser Friedhof ist eine traumschöne Kulisse für Filme, egal ob für eine Horrorkomödie oder einen Fantasiefilm. Man kann sich gar nicht satt sehen an all den Darstellungen. Da ist das Grab mit einer demütigen, geschwächten Prometheusfigur (zumindest würde ich sie so interpretieren) einer Familie, in der zwei Männer den Vornamen Cesare trugen, daneben eine abgewandte Figur aus de letzten Jahrhundert mit abgestelltem Gewehr. Allein diese Kombination, die mir sehr zufällig erscheint, erzählt eine Geschichte. Dann ist dort zentral ausgestellt eine Familiengruft, die wie ein christliches Denkmal aussieht und die Leiden Jesus als Erzählband auf einer sich verjüngenden Säule erzählt. Eine mehrere Meter hohe Gruft, ästhetisch schön gemacht und doch erzählt sie nur vom Leid. Auf einem Grab sitzt zurückgelehnt und jovial ein junger Lebemann, als würde ihn das Treiben um ihn herum amüsieren. Wieder ein anders Familiengrab zeigt zwei Männer, Schulter an Schulter auf einem Bein knieend vor einem Säulengang. Sieht man von der anderen Seite, so haben beide Männer die Köpfe mit geschlossenen Augen aneinander gelehnt. Ihre Mimik in stummer Trauer. So kunstfertig sind manche Gräber, dass sie für sich stehen können würden und doch im Rahmen all der anderen Skulpturen und architektonischen Bauten kaum mehr zur Wirkung kommen. Es ist, als wetteiferten die künstlerischen Arbeiten miteinander.

Auch hier waren die Spuren des Sturms deutlich, einige Gräber waren dadurch sogar beschädigt. Manche Spuren erschienen mir allerdings älteren Ursprungs zu sein.

Auch an meine letzten Tag hatte ich keine Gelegenheit, mit der Tram zu fahren. Die Parkanlangen waren noch immer geschlossen, so dass ich mit meine Laptop unterm Arm weit herumrannte, nichts zu finden, wohin ich mich setzen und arbeiten konnte. Manchmal ist ziellos auch einfach genau das: ziellos. Auf diesem Nicht-Weg kam ich wieder an der Modewelt vorbei und wunderte mich einmal mehr, was Menschen sich so ausdenken konnten. Ich stolperte in ein Museum, das sowohl Bilder als auf den Raum (als altes Herrenhaus) präsentierte. Die Bilder waren sehr reizvoll, denn sie handelten nicht (ausschließlich) von wichtigen Menschen in großen Portraits, sondern zeigten Szenen des Alltags. Nachgestellte Szenen, die wie eine Momentaufnahme wirkten und in stilisierter Form die Mode dieser Zeit (ungefähr um 1850) wiedergab. Amüsant war für mich, dass ich als Betrachter(in) natürlich wusste, dass es keine echten „Fotos“ waren, die wir machen können, um einen Moment festzuhalten, doch auch unsere vielen Fotos sind oft gestellte Momentaufnahmen. Es scheint also ein Trieb des Menschen zu sein, den Moment nachstellen zu wollen und als „wahr-so“ zu kennzeichnen.

Abends besuchte ich eine Ausstellung zu Leonardo da Vinci, wozu ich keine Fotos machen durfte. Ich habe mich etwas geärgert, weil die Audioführung nicht im Eintrittspreis enthalten war und die Texttafel ausschließlich italienische Erklärungen aufwiesen. Es gab einige interaktive Ausstellungsexponate. Lohnend erwiesen sich die Erklärungen zum „letzten Abendmahl“ und die Anzeige, wie es tatsächlich mal ausgehen haben sollte. Allerdings find ich jedes Mal befremdlich, dass das Abendmahl wie ein Zeitdokument behandelt wird, so als hätte Da Vinci die Geschichte selbst erlebt. Ich würde vermuten, dass Da Vinci eben auch nur die Bibelstelle interpretiert hat, wenn auch sehr anschaulich.

Die Sprache – gesteigerte Fähigkeiten

Es ist erstaunlich, wie viel ich doch verstehe – also wenn es geschrieben steht. Wenn jemand mir etwas erzählt, gerade einfach so heraus, dann verstehe ich selten, was der andere sagt, es sei denn, er pronunziert überdeutlich.
Je länger ich allerdings hier bin, desto mehr Grammatikregeln kommen zurück. Un und una habe ich noch einmal nachgelesen und mich versucht zu erinnern, welche Endungen wofür stehen. Ich weiß, dass ich manche Vokabeln kennen sollte, weiß aber deren Bedeutung dann doch nicht.

Blöd ist es, dass ich noch immer jeden Satz bauen muss. Ich hab kein zugängliches Konstrukt. Und noch blöder finde ich, dass ich mich zwar bemühe, die Sprache einzusetzen und mir über die korrekte Aussprache viele Gedanken mache, aber dass ich selten wirklich verstanden werde. Häufig, weil ich das „r“ falsch betone. Wenn es denn dann angekommen ist, dann ist doch meine Aussprache nicht so richtig falsch, nur eben nicht italienisch genug. Vor allem am Gardasee verriet sie mich immer als Deutsche. Ich sagte „Guten Tag“ auf italienisch und bekam eine deutsche Antwort.

Fazit: Ich werde besser, sammle neue Vokabeln, aber ich habe weniger gelernt als erhofft – zumindest erscheint es mir im Moment so. Außerdem bleibt auch immer die Erleichterung, wenn ich mit Deutsch oder Englisch verstanden werde, dass ich mich nicht so abkämpfen muss.