Wortfuge, Onlineseminare und Insta – Häppchenvideos als Wortwerkstatt

Hallo meine lieben Wortverschlinglys (also, es klingt nicht schön, wenn ich euch mit „Wortverschlingende“ ansprechen würde),

Ein anderes Feld, in dem ich mich betätigen will, sind Online-Schreibworkshops, eigentlich eher Schreibtrainingseinheiten. Besserwisservideos oder Erklärvideos gibt es ja zahlreiche, doch ich denke, ich könnte gut Schreibtrainings leiten oder eher anleiten, anregen. Wer braucht schon Besserwissys?

In dem Rahmen habe ich meine ersten Reels gemacht: kleine Video-Häppchen als Anregung auf Instagram. Drei Minuten, um „Kill your darlings“, „Tiefenstruktur“ oder „Braiding“ zu erklären, ist natürlich sportlich, aber für ein Training genügt das dann nicht mehr. Der Vorteil ist, dass man sich auf das Wesentliche konzentrieren muss. Eingang, Inhalt und Abgang. Schon sind drei Minuten gefüllt.

Mit Schreiben verhält es sich wie mit Tango, mit Sport, mit dem Erlernen eines Musikinstruments, mit einer neuen Sprache: Training ist alles. Und der Erfolg zeigt sich an Wegmarken, nicht in kleinen Einheiten. Ich habe ein putziges Video gesehen, wie eine Frau mit einer Tüte Chips in der Hand vor einer Küchenwaage steht, ein Chip drauflegt und die Waage „0,00“ Gramm anzeigt. Sie isst diesen freudig und verfährt mit dem nächsten gleichermaßen. Genauso wirkt das Trainieren. Von einem Waldhornspieler habe ich jedoch gelernt, dass das Trainieren selbst schon der Spaß sein muss, damit das Üben kein Üben sondern bereits Spielen ist. Plötzlich stehe ich an der Wegmarke: „Wow, tolle Geschichte!“ oder an der Wegmarke: „Wir wollen Ihr Buch ausstellen!“ oder an der Wegmarke: „Was ist ein Oxymoron und wieso verwendest du das hier?“ Wegmarken sind wie Begleiter, die auf dem Weg davon erzählen, was man erreicht hat. Doch braucht es diese Begleiter? Ich denke ja, denn sie zeigen uns unsere eigene Entwicklung, unser Fortkommen. Im Schreiben sind das für mich die Momente des Austauschs mit meiner Leserschaft, beim Tango sicher die Momente, wenn ich mit Tänzern ohne zu stolpern tanzen kann, mit denen ich früher hätte nicht tanzen können. Was auch immer deine Passion ist, was auch immer die Fertigkeit ist, die du bis zur Meisterschaft führen willst, begegne den Wegmarken mit Achtsamkeit und Freude, halte inne und sieh zurück, was du bis dahin schon geschafft hast.

Aber ich, ich schreibe nicht für die Wegmarken und ich schreibe nicht für dich, als Lesy. Wenn ich schreibe, dann versinke ich in meine Fantasie, dann spiele ich mit Worten, dann denke ich mir etwas aus mit doppelter und dreifacher Bedeutung. Bei dem Film „Vivarium“ (2019) von Lorcan Finnegan werden die beiden Protagonisten Gemma und Tom in eine neue Wohnsiedlung geführt, in der auch noch niemand zu wohnen scheint, aus der es keinen Ausweg mehr gibt. Es gibt für sie ein Begrüßungskorb mit Erdbeeren und Sekt. Ich dachte sofort an Hades Reich, an die Früchte, von denen man (Persephone) nicht Essen darf, um entkommen zu können. Als sie davon essen, war mir klar, dass sie dort auch nicht mehr rauskommen würden. Keine Kritik hat das daraufhin gedeutet. Ich bin mir aber sicher, dass der Drehbuchautor Garret Shanley dies im Hinterkopf hatte, dies und auch die Vertreibung aus dem Paradies nach dem Essen von der verbotenen Frucht (die kein Apfel war). Solch eine Idee in meinen Geschichten greife ich auf und verfolge das weiter, suche nach weiteren Möglichkeiten, das symbolisch auszuwerten. Das macht mir Spaß. Und das tue ich für mich, weil es mir Spaß macht. Natürlich frage ich mich, wem das beim Lesen auffällt, aber das ist tatsächlich sekundär.

In diesem Sinne: Lass mir einen Kommentar da, auch, ob dich davon mehr interessiert.