Idee ergibt Buch, Buch sucht Verlag, Verlag ergibt Publikation und … Eindrücke der Frankfurter Buchmesse und der BuCon 2025

Menschengewusel, könnte nicht mehr auf der Spiel in Essen sein. Überhaupt denke ich manchmal, ich hätte mich verlaufen. Statt spielende Menschen sieht man hier zwischen all den Regalen überall Warteschlangen mit ganz ganz vielen Frauen (vor allem), die Bücher in den Händen halten und auf ein Autogramm warten. Ähnlich ist auch die Kostümparade, wenn auch nicht so häufig. Laut und bunt. Anders: Vor allem die Podiumsgespräche, anders die Leckereien am Tisch, der Kaffee hier und da. Diese Gespräche machen die Messe interessant, machen sie vielleicht sogar aus.

Zunächst einmal das, was zu erwarten war: beruflich hat mich das wenig vorangebracht. Weder ist mir ein Beruf als Lektorin angeboten worden, noch konnte ich überhaupt nur einem Menschen eine Visitenkarte in die Hand drücken. Nicht interessiert. Nicht der richtige Ort. Ob das gleich anders ist?

Eigentlich stand alles unter dem Thema „Frauen und Feminismus“, zumindest hob sich für mich das Thema schnell hervor. Wie auch nicht? Zufällig zeigte Insel-Verlag (Unterverlag von Suhrkamp) nur Männerportraits in groß. Ja, man habe sehr viele Autorinnen im Programm, aber diese Bücher seien es, weil sie zufällig die Bestseller stellen täten. Zufällig. An anderer Stelle wiederholte sich dieser Zufall halt zufällig.

Mir schien aber die Dringlichkeit des Themas allgegenwärtig. Nicht nur, weil ich dieses Buch – mein einziges – gekauft habe. Dazu gäbe es noch viel zu sagen, denn letztlich finde ich das Thema ebenso problematisch wie Garcia, doch das kann an einer anderen Stelle geschehen. Ein Autor hat sich bei der Vorstellung seinen Werks zu den Dichtern direkt geäußert, dass natürlich auch Dichterinnen Erwähnung finden, wenn auch nicht im Titel erkennbar. Und ich habe mir direkt wieder gedacht, was für ein Unterschied es ist, wenn man sagt: Der Autor des Jahres oder die Autorin des Jahres. Himmel, wohin führt uns dieser Irrsinn an Genderei? Ich verstehe das ja, wirklich. Wenn nicht ich, wer dann? Dennoch macht es das Mitgenannte und das Ausgeschlossene nicht einfacher. Eine Autorin des Jahres wird sich niemals nicht auf alle Menschen bescheiden, sondern immer nur auf 50 % und der Autor des Jahres wird immer alle meinen können, aber nie mehr die 50 % mitnehmen. Immer gibt es ein Geschmäckle. Mal davon abgesehen, dass der Wettbewerb um die Krone als Autory des Jahres völlig nebensächlich ist. Ich möchte noch einmal erwähnen, wie präsent das Thema Feminismus auf der Messe ist.

Und nicht allein dadurch, dass es einen anderen Hype gab, den ich als Autorin schwer aushalten konnte, nämlich den um diese Romane, die diesen Hype gar nicht verdienen: Dark Romance. Und ich fragte mich, ob ich diese Leserschaft wollen würde. Will ich dafür schreiben? Nein, ich schreibe noch immer aus reinem Egoismus für mich selbst. Aber: Für diese Bücher stellen sich die Frauen lange in Schlangen, um ein Autogramm auf ihr Buch zu bekommen.

Natürlich gab es auch noch andere Diskussionen: Schule und Bildung, KI und Literaturbetrieb. Eine Diskussion dazu habe ich vom Börsenverein verfolgt, viele Wortmeldungen auch aus dem Publikum.

BuCon 2025

Erster Punkt: keine Megahallen mit Laufplan nötig, hier auf der BuCon am Samstag wird deutlich, dass wir es mehr mit dem nerdigen Teil zu tun haben, oder? Kleine Tische mit liebevoller Gestaltung, alles sehr persönlich und einladend; hinter den Tischen die Autorys, die darauf warten, dass sie von ihrem Werk erzählen dürfen, dass sie gelesen werden, dass sie entdeckt werden. Vielleicht könnte man behaupten, dass hier mehr Autorys als Lesende sich herum bewegen. Hier geht es deutlich mehr darum, sich mit dem Buch zu vermarkten. Natürlich wollen auch die Buchautorys von der Frankfurter Buchmesse Bücher verkaufen, doch ihnen haftet das „geschafft“-Prädikat an. Hier ist alles „handmade“. Ich frage mich, wie bekommt man die Leserschaft in Scharen dann zu so einer Veranstaltung, wenn sie doch auch auf die große Messe wegen des Autors oder der Autorin gehen? Diese kleine beschauliche Convention erlaubt ein viel schnelleres Interagieren von Leserschaft und Schreibenden, so viel ist sicher. Ich habe im Verhältnis zur Frankfurter Buchmesse mit viel mehr Menschen gesprochen und mich ausgetauscht, meine Kontaktdaten hinterlassen und Ideen entwickelt, was man machen kann. Es hatte alles in allem einen Flair von Action.

Hier ist der Tisch nicht nur liebevoll eingedeckt, hier finden wir auch andere Ideen, im Gedächtnis zu bleiben. Etwas, was der große Buchmarkt nicht braucht: Leseproben, Postkarten mit Zitaten aus dem Roman, kleine Buchbeigaben, Plakate, zusätzliche Spiele, und sowas hier:

Ob es darum geht, hervorzuheben, womit man sich von anderen abgrenzt oder ob man selbst eine kleine Einschätzung gibt, was einen bei der Lektüre erwartet. Besonders witzig fand ich die Spiel-Entscheidungsvariante (links), wo ich nach meinen Vorlieben differenziert haben, um ein passendes Werk dieser Autorin zu erstehen. (Ich hoffe, ihr könnt in das Bild hineinzoomen und habt eine Auflösung, die es zulässt, diese witzige Idee nachzuvollziehen.) Wie auf der großer-Bruder Messe geht es hier auch darum zu verkaufen, aber die Atmosphäre ist eine andere. Die Autorys wollen sich unterstützen und sehen sich im gleichen Boot sitzen. Mich erinnert es an eine Flomarktsituation.

Auch hier gibt es Vorträge und Lesungen. Auf dem Vortrag des Pieper-Verlags erfahren wir, dass Ethik ein Sticker auf den Dark-Romance-Romanen wert ist und ansonsten nimmt man eben in Kauf, dass das Narrativ von passiven Frauen, die erobert und geschlagen werden wollen, weiterhin einen fruchtbaren Nährboden erhält. Natürlich wünsche man sich einen anderen Trend, aber dieser hier bringe Geld ein und sei wohl gewünscht. Ich denke wieder daran, dass die Ethik an der Nahrungskette vorne einsetzt, ähnlich wie bei Wissenschaftlys, die sich auch vor der Erfindung und in Patenteinreichung von Bombentechnik Gedanken machen müssten. Sie als intelligente Spitze mehr denn all die Bauernopfer. Nun denn, sicherlich schwierig, all den Autorys zu sagen, dass sie eine Ethik verfolgen sollten, die … Irgendwann haben wir nur noch cozy Fantasy-Romane und irgendwann ist alles ein Kuschelvergnügen. Angeblich wünschte sich die Sprecherin vom Verlag einmal ein Fantasy-SiFi-Mix, ein dystopischer Fantasy. Tja, da hat sie sicher die Wühltische nicht bemerkt, auf denen sowas schon längst schlummert. Und ich? Ich dachte an Lurch, der auch in so einer Ecke schlummert und den ich irgendwie nicht weiterschreiben kann. Mönsch. Ja, ich füge höchstens ein zwei Sätze dazu, aber die Geschichte geht nicht voran. Ich will sie nicht einfach nur mit Füllstoff Quest und so füllen. Hmm, ich arbeite daran.

Als Lesung spreche ich über Aiki Miras Lesung aus ihrem Roman „denail of service“. Mir wäre ein deutscher Titel bei einem deutschsprachigen Werk lieber. Schade, dass selbst schon Autorys nicht mehr ihrer eigenen Sprache die Kraft zutrauen, auch spannend, dynamisch und reizvoll zu sein. Die Lesung wurde mir von Markus Tillmann empfohlen, weil er die Ansicht vertritt, dass Aiki Mira der nächste Stern am deutschen Autoren-Horizont ist. Seinen Worten nach gibt es keine bessere Autorin zur Zeit. Ich war also entsprechend neugierig, denn in dem Genre kennt sich der Literaturwissenschaftler aus.
Ich fand bereits interessant, dass sie während der Lesung komplett stand und jedes Wort durch ihre Hand rhythmisierte wie eine Dirigentin. Drei Textstücke hatte sie vorbereitet und hat sie durch das Publikum in eine Reihenfolge bringen lassen. 25 Minuten, dann hat sie Fragen zugelassen und erklärt, worum es eigentlich ginge, wieso Frankfurt die zentrale Metropole ist und das dies der letzte Stadtroman sei, den sie geschrieben hätte. Sie plant ein neues Projekt.

Und mein Schreiben? Letztlich frag ich mich immer wieder, will ich dies oder das, will ich so verstanden werden? Was wäre, wenn ich plötzlich in Talkshows über meine Romane spräche, wenn ich vor einem fremden Publikum säße, dass mir aus glänzenden Augen entgegenstrahlt, wenn ich Schlangen von Autogrammsüchtigen produzieren würde. Wäre es das, was ich wollte? Was ist mit meinem Schreiben, wo bleibt das? Das ist meine Frage, die mich immer wieder begleitet. Wo bleibt mein Schreiben?

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