Filmophil? Filminteressiert? Lust, zu wissen, wie es geht? Wie funktioniert der Stunt? Welche Filmtricks benutzt der Film? Wo wurden die Deutschen Filme gedreht?
Seit 1912 haben zahlreiche namhafte Filmemacher des Studios und seiner Vorgänger Decla Bioscop, UFA und DEFA unweit des Villenviertels Neubabelsberg sowie in und um Potsdam und Berlin mehr als 4000 Filme produziert, darunter so bedeutende Filme wie Metropolis und Der blaue Engel. Zu den bekanntesten Produktionen gehören unter anderem Sonnenallee, V wie Vendetta, Operation Walküre, Der Ghostwriter, Cloud Atlas, Monuments Men, Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1 und 2, Isle of Dogs – Ataris Reise, Babylon Berlin und Matrix Resurrections. In den letzten 20 Jahren wurden Studio Babelsberg Produktionen mit insgesamt 15 Oscars in verschiedenen Kategorien ausgezeichnet: Der Pianist, Die Fälscher, Das Bourne Ultimatum, Der Vorleser, Inglourious Basterds, Grand Budapest Hotel und Bridge of Spies.
Studio Babelsberg – Wikipedia
Die deutsche Antwort auf das, was ich in L.A. gesehen habe, ist wirklich typisch deutsch – es ist nur scheinbar der Zugang zum Studio. Es ist ein Filmpark. Zunächst einmal fällt auf: alles ist preiswerter und „kleiner“ (Eintritt, Größe der Anlage, Getränke und Futter, Häufigkeit der Futterstände), alles wirkt etwas handmade und weniger auf big Show gemacht, obwohl die Shows (dazu komme ich noch) natürlich einen großen Teil des Parks ausmachen. Die Shows sind wenig amerikanisch in Szene gesetzt, eher solide und realistisch in der Darstellung und eben bodenständig, so wie wir Deutschen sind.
Ein Vergleich sei erlaubt, handelt es sich doch auch bei diesem Filmstudio um ein bedeutendes in der Geschichte der Filmindustrie. Und seine Bedeutung ist noch nicht vorüber. In diesem Kontext steht es den Studios von L.A. also in nichts nach, da sollte ein Vergleich dem Studio keinen Abbruch tun. Los geht es:
Adressatys des Vergnügungsparks
Zunächst orientiert sich das Angebot vor allem an ein sehr junges Publikum, nämlich Eltern mit ihren kleinen Kindern bis zu zehn Jahren. Danach wird es etwas knifflig, denn die Jugendlichen dürften sowohl die Shows als auch das Angebot an Aktionen ziemlich langweilig finden, ebenso wie die Menschen ohne Kinder, denen es dann zu wenig Tiefe hat.
Die Filme, deren Originalrequisite ausgestellt sind, entsprechen diesen Adressatys: Sandmännchen, Jim Knopf, Märchen, Janosh und die Tigerente sind omnipräsent, während Filme wie Transformers abseitig dargestellt werden, wenig präsent aber wirklich um einiges jugendlichenadressierter wären Filme wie „Tribute von Panem“ beispielsweise oder der letzte der Matrix-Serie Ressurections.
Außerdem machen unsere amerikanischen Vorbilder uns vor, wie die Vermarktung richtig funktioniert. Obwohl ein Parkschwerpunkt „Panama“ heißt und natürlich an die Janosh-Reihe anknüpft, eine süße kleine Wasserbahn für die Familie mit passender Dekoration und Tonabspielungen hat, ist es doch wenig spektakulär. Man bekommt nicht an jeder Ecke eine eigene kleine Tigerente auf Rollen und auch die Shops sind klein und diskret. Ich persönlich als Mutter, als Pädagogin, als Konsumentin, als Parkbesucherin bin dafür sehr dankbar, aber ehrlich gesagt, hatte ich beinahe Bauchschmerzen, Universal-Studios und HOGWARTS ohne Zauberstab zu verlassen. Mich hielt nur der Gedanke, 40 Dollar für nichts als eine Idee auszugeben, davon ab, einen Olivander-Stab zu erstehen. Davon abgesehen, sind aber auch die Fressbuden passender abgestimmt und teurer. In den Studios von Hollywood ist alles auf den Konsum so stark ausgerichtet, dass das gesamte Konzept zusammenspielt: angefangen damit, dass die Mitarbeiter beste Laune verbreiten bis hin zu den Toiletten, die supersauber und auf das Thema der Parkeinheit abgestimmt sind. Die deutsche Variante gefällt mir mit seinen Preisen gut, doch mir fehlt es an der ein oder anderen Stelle an thematischer Tiefe.
Natürlich ist es schwierig, den Park je nach Filmerfolg umzugestalten, so dass auch etwas für die Jugendlichen oder die Kinderlosen von Interesse ist, was in den Filmpark lockt. Andererseits ist das nicht die besondere Herausforderung?! In Amerika wird es durch Wachstum gelöst; in den U-Studios eröffnet beispielsweise nächstes Jahr eine Mario-Kart-Bahn. Der zeitlose Touch erfolgt durch die Fahrgeschäfte. Die Antwort wäre nicht eine Wiederholung dessen, sondern das gute Lernen: Mehr Tiefe, größere Flexibilität in der Gestaltung.
Geführte Tour
Bodenständig, Schlange stehen, alles zu Fuß – auch die Technik. Wir nahmen Teil an der Führung, die ca. 30 Minuten dauerte. Erst ein Video mit Kopfhörern. Das kannte ich aus den L.A.-Studios auch schon. Lecker machen auf den Rest. Klappte auch diesmal. Wenig Text, Bildersprache, Werbung für das Studio. Schauspieler und Regisseure, die in Babelsberg gedreht haben, durften ein paar Sätze ihres Wohlgefallens ausdrücken.
Dann werden wir von einer jungen Frau durch das Studio geführt, zumindest durch diese Halle. Wir erfahren, welche tollen Filme hier schon gedreht wurden, natürlich den Wechsel in der Historie: die Anfänge in den 1920er mit Metropolis, dann die Nazizeit mit den Propagandafilmen und den Ablenkungen wie Feuerzangenbowle, danach die Ära der DDR-Filme und schließlich die Ankunft des Studio in der Neuzeit. Dazu große Ausstellungsmaterialien.
Keine Filmausschnitte, keine Machart der Filme, dafür Politik. Ja, es werden noch immer Filme in den Studios in Babelsberg produziert, doch einen Blick hinter die Kulissen gab es nicht. Den meisten Einblick in die Vorgehensweise der Filmproduktion zeigt das Sandmann-Haus, in welchem der Stopptrick erklärt wird und die Produktion zum Beispiel der Mimik vom Sandmann – der ja inzwischen sogar spricht – dargestellt wird. Um es zu verraten: Es gibt eine große Anzahl an Gesichtern mit unterschiedlichen Grimassen, die dann einzeln Bild für Bild auf die Grundfläche des Gesichts aufgezogen werden können – ähnlich wie eine Maske. Damit ist jedes einzelne Geschichtchen ein Kunstwerk der Akribie und Geduld.
Bleiben wir bei der geführten Tour, so muss man sagen, dass sie sehr oberflächlich blieb. Die amerikanischen Schwestern hatten bezüglich Tiefe natürlich auch Unterschiedliches zu bieten (zur Nachlese), vor allem waren beide sehr fix durch, doch man hatte mehr zu sehen. In den U-Studios ging es sehr actionslastig zur Sache und das übertüncht so manchen Makel, die WB-Studios allerdings haben einige Dinge wirklich gezeigt. Wir sind durch die Produktion gefahren und gelaufen, wir haben hinter die Fassade geblickt, wenn auch nur ein bisschen. Gerade so viel, dass man hungrig nach mehr wird. Diesen Hunger befriedigt das Babelsberg Studio auf jeden Fall nicht. Wenn ich in Amerika nicht in den Studios gewesen wäre, hätte ich kaum einen Bezug zum Film hergestellt – außer den offensichtlichen, dass der Park „Filmpark“ heißt. Ganz klar: zu wenig Hintergrund, zu wenig Infos, zu wenig Einblick.
Highlight Bühnenshows – Show must go on
Nicht die Dramaturgie möchte ich hier ansprechen, denn die Show zielt ja darauf ab, die unterschiedlichen Aspekte von Stunts zu zeigen: Pyrotechnik, Verfolgung und Maschinen, Kampfszenen mit Fallen, Springen und Prügeleien. Die Dramaturgie ist manchmal eine Beleidigung für unser hollywood-verwöhntes Sehen, aber darüber sehen wir gern hinweg, wenn die Stunts passen, wenn die Pyrotechnik spektakulär ist und wenn die Kampfszenen sich sehen lassen können. Alles stimmig und witzig gemacht. Auch die Unterbrechungen der Moderatorin waren flüssig und angenehm.
Ja, diese deutsche Variante hat mir gut gefallen, auch wenn in Amerika ein Mensch nicht nur einen brennenden Teppich auf dem Rücken trug, sondern selbst brannte. Auch hier wenig Hang zum Drama. Ein paar warnende Worte, dass auch immer ein Restrisiko für den Stuntman und die Stuntlady bleibt, aber damit war das Dramatische auch erfüllt.
Die erste Show war so klamaukig, mich rettete der Publikumsjoker – ein echtes Highlight an Spontaneität und Ausdruckskraft. Durchsichtig und auch für das junge Publikum gemacht. Die konnten gut darüber lachen, es war jugendfrei und gendergerecht. Ein bisschen Clown für Dumme rundete das Spektakel ab. Nett ist es gewesen.
Die dritte Show war informativ und enthielt sogar eine versteckte Botschaft. Wie dressiere ich meine Tiere – vor allem, wie muss Wauwau an der Leine gehen? Ja, das war interessant. Mit mehr Hintergrund als erwartet, denn das Publikum war noch immer sehr jung und vor allem an Unterhaltung interessiert.
4D Kino erleben
Zwei Mal gab es die Möglichkeit, mehr als 3D-Kino zu erleben. Das erste war ein Laser-Attack-Spiel, wo wir in Stühlen saßen, die sich passend zur Leinwand bewegten und wir auf Piratengeister schießen sollten. Das zweite Mal waren wir ebenfalls sehr gesichert in Stühlen befestigt, die sich dem „Ritt“ durch die Drachenwelt anpassten. Mit viel Wind wurden wir bewegt und flohen vor gefräßigen Drachen. Beeindruckend war es auf jeden Fall, doch auch gewöhnlich. Schon immer ist die Fahrt mit einem Rundum-Cinema und einer Achterbahnfahrt in solch einem Vergnügungspark. Wenn ich jetzt noch einmal den Vergleich ziehe, – und mir drängte er sich auf – dann fehlte das Wasserspritzen an den passenden Stellen, ebenso wie das passende Rucken und umlenken des Wagons, wenn wir durch einen Schwanz erfasst wurden. Ich erinnere mich an den Kampf zwischen King Kong und T-Rex, der so beeindruckend war, dass ich fast vom Sitz auf den Boden gerutscht wäre. Ich musste mir mehrfach sagen, dass das nicht real ist, dass ich in der Show sitze. Diese Studiofahrt – wir erinnern uns – haben wir zwei Mal gemacht, weil sie so gut war. In keines der Kinos in Babelsberg (oder im Zoom in Gelsenkirchen, oder oder) wäre ich ein zweite Mal hineingegangen.
Fazit
Es ist die deutsche Antwort oder die deutsche Version – vermutlich auch keine Antwort. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist stimmig, man bekommt, was man für das Geld erwarten kann und sogar etwas darüber hinaus. Die Qualität ist auf jeden Fall gut. Bedauerlich, dass es sich nur an junge Familien als Zielgruppe richtet, denn sicher gäbe es auch andere Themenschwerpunkte, die andere Zielgruppen interessant fänden.
Ganz persönlich hätte ich gerne mehr zu den Filmen selbst erfahren und natürlich zu Spezialeffekten, zu bestimmten Techniken und mehr zu den Sets als Hintergründe. Einen Blick in die Studios während einer Produktion oder eine nachgestellte Produktionsphase wäre sicher sehr reizvoll.
Wessen Blick durch die große weite Welt nicht anspruchsvoll angewachsen ist, findet hier bestimmt einige Aspekte, die von Interesse sind.
Filmmuseum Potsdam
30 Jahre Bestehen feiert es und hat ein Kinosaal, in dem Filme gezeigt werden. Die Ausstellung zeigt die Geschichte des Films in Babelsberg, die Geschichte des Filmstudios in seinen drei oder vier verschiedenen Episoden (die UFA-Phase von 1902 – 1945, die DEFA-Phase zur Zeit der DDR und die aktuelle Filmstudiophase nach dem Mauerfall) sowie die Produktionsschritte, die ein Film durchläuft (von der Idee, dem Drehbuch über die Kostüme, das Casting, die Setstruktur bis hin zur Endproduktion und Vermarktung).