Freunde des guten Wortes,
heute muss ich bekennen, meine Lust an Abenteuer und meine Freude an Verrücktheiten sind Geburten meiner fantastischen Gedankenwelt. Zu real sollte es nicht werden.
Ihr wisst, ich bereite meine Veröffentlichung vor, anvisierter Zeitraum ist vor Ende der Sommerferien. Für manche ist das noch lang, für andere knapp. Für mich ist das aktuell sogar knapper, denn wie gründet man in dieser kurzen Zeit einen Verlag und bringt in diesem sein erstes Buch unter? Doch lasst mich über diese Entwicklungen langsam Bericht erstatten.
Das Buch – und hier ist Buch der angemessene Ausdruck, weil es ja die gedruckte Version betrifft (falls ein Schüly heimlich mitliest und sich beschweren will, warum ich nicht vom Roman spreche) – ist jetzt endlich gesetzt. Jede einzelne Silbentrennung bin ich durchgegangen, was bei finalen 616 Seiten wirklich lange dauert. Zwischenspeicherungen und Seitenumbrüche. Und wie sieht das Textende auf den Seiten aus? Wo sind die Kapitelumbrüche? Wie sehen die Seiten überhaupt aus? Die Schrift zu klein? Der Abstand zu eng? Leute, wir haben uns drei Arbeitstage damit befasst, bis das gut war. Allein für die Silbentrennung habe ich von meinem ersten Kaffee am Samstag um 11 Uhr bis nachts um 1 Uhr dran gesessen, erlaubt hab ich mir Essenspausen. (Falls jemand fragt, wieso ich nicht beim Tangotanztee war.) Man könnte also schon glauben, dass mein Freund lieber alles andere gemacht hätte, als dann auch noch die Frage zu stellen, ob ich mir wirklich sicher bin, dass ich das als Selfpublisher bei einem Dienstleister veröffentlichen will.
Da hab ich mich vor Monaten dazu durchgerungen, die Hoffnung auf einen Verlag erstmal beiseite zu schieben, habe mir lang und breit erklärt, dass ich genug schlecht verlegte ausländische Bücher gelesen hätte, um zu wissen, dass nicht immer gute Literatur entdeckt wird, hab mir überlegt, als Selfpublisher zu veröffentlichen, sprich die Vermarktung selbst zu machen, habe mich für einen Anbieter entschieden, der recht seriös erscheint und dann… Dann rechnet mein Freund einfach nur ein paar Zahlen aus und ich schwimme in meinen Tränen.
Kurze Erklärung: Selfpublisher werden jene Autorys genannt, die keinen Verlag im Hintergrund haben, aber einen Dienstleistungsunternehmen (Tredition, BoD, epubli, etc.) nutzen, die das Buch setzt, ein Cover macht, bei Auftrag druckt, eine ISBN bereitstellt, etc. Dieser Dienstleister übernimmt in Form eines Bausatzsystems das, was der Verlag machen würde – scheinbar. Da dem Verlag jedoch wirtschaftlich daran gelegen ist, das Buch zu einem Erfolg werden zu lassen, ist das dem Dienstleister eigentlich egal, denn er hat weder Kosten, noch Arbeit, wenn nichts passiert. Das hat zwei Konsequenzen: 1. lässt sich der Dienstleister seinen Service natürlich bezahlen (Cover, Buchsatz, etc.), 2. prüfen sie nicht die Qualität des Buches in Form und Gestalt, ohne sich das bezahlen zu lassen, auch dann ist es von der Güte und Qualität eines Schnellstichs. Das heißt, dass ich mich in all die Bereich selbst einarbeiten muss, wenn ich – als Autory – will, dass es gut wird, schon um zu überprüfen, ob es gut ist. Dienstleister stellen die Plattform bereit und dafür bekommen sie letztlich richtig viel Geld, mehr als ein Verlag. Dabei ist der Text nicht korrigiert, nicht lektoriert, nicht ordentlich gesetzt, nicht auf Umbrüche geachtet, etc. Meist erkennt man am Cover (zumindest bei den ersten Publikationen), dass auch das Marke Eigenbau ist. An meinen Cover war ein Profi dran – und das hat auch was gekostet, Stück weit auch Lehrgeld.
Mein Freund fragte, wie ich die Marktchancen für mein Buch einschätze, wie viele ich denke, dass ich im ungünstigsten Fall verkaufen würde und rechnete mir mein Verlustrisiko aus. Dann rechnete er gegen, was Tredition an mir verdient, wenn ich zumindest die von mir erwartete Menge absetze und was ich davon bekomme. Tja, dann hab ich erstmal geheult, weil ich erstens dachte, dass ich so nie veröffentlichen kann, wenn immer jemand sagt, wie falsch mein Weg ist. Geheult hab ich auch, weil ich meine Deadline nicht einhalten kann, weil ich vielleicht zu viel auf Silbentrennungen gestarrt habe und weil ich dachte, ich müsste nicht im offenen Meer schwimmen lernen. Tropfnass saß ich da nun und fragte nach Lösungen. Der Mann antwortete bescheiden: „mach es doch selbst! Du machst eh alles andere schon. Jetzt kommt noch dazu, eine ISBN zu beantragen, die Druckerei selbst auszusuchen und dich in die VLB-Liste eintragen zu lassen. Fertig.“
So einfach soll das sein?
So einfach scheint es zu sein, allerdings kam dann die Frage auf, wie sonst, wenn nicht als Selfpublisher? Alle machten es so. Verlag oder Selfpublisher-Dienstleister. Außerdem sollte ich mal planen, wie die nächsten Schritte und Finanzierungseckdaten aussehen, also am besten gleich einen Businessplan erstellen. Ich plane doch eh eine ganze Buchserie, also böte sich als Geschäftsform ein Verlag an. Nun, dann müsste ich noch ein Gewerbe dazu anmelden und fertig.
Und ehe wir uns versahen, erstellte ich einen Businessplan für einen Verlag mit einem ganz anderen Konzept. Der Verlag trägt den wirklich schönen Namen „Verlag Wortfuge“. Ich weiß nicht, ob ihr, meine liebe Leserschaft, wusstet, dass ich Fugen super finde. Sowohl als Spalte, Lücke – also als architektonische Form -, als auch die musikalische Fuge. Aus meiner Sicht gibt es die übrigens auch im Film: „Täglich grüßt das Murmeltier“ ist eine filmische Fuge. Außerdem ist mittels diesem Fachausdruck geklärt, dass bestimmte Buchstaben über die Wortfuge hinaus keine Ligatur bilden können, weil damit der Wortsinn entstellt wird. Für alle, die auch nicht Wissen, was eine Ligatur ist: um Platz zu sparen beim Druck, wurden manche Buchstaben zu einem Druckbuchstaben zusammengezogen, als man noch den Druck in form von Bleibuchstaben in einem Rahmen setzte. Auch heute wird das noch gemacht. Im Deutschen kommt das häufig bei Wörtern zu Stande, die mit dem „f“ Kontakt habe, oder mit dem „t“. Den Artikel von Wiki hab ich euch oben verlinkt. Das ist sehr spannend. Was aber ist die Wortfuge genau?
"Im Deutschen werden Ligaturen nur gesetzt, wenn die zu verbindenden Buchstaben im gleichen Morphem liegen, beispielsweise im Wortstamm. Ligaturen werden in der Regel nicht gesetzt, wenn die Buchstaben über eine grammatikalische Fuge (z. B. eine Wortfuge) reichen. „Kaufläche“ (Kau-fläche) wird daher mit fl-Ligatur geschrieben; „Kaufleute“ hingegen nicht, weil die Buchstaben f und l verschiedenen Wortteilen (Kauf-leute) angehören."Wikipedia, Ligatur (Typographie)
Schöner kann man es kaum beschreiben. Aus genau dem Grund hab ich mich mit der Silbentrennung so lang beschäftigt, weil das Programm oft nicht weiß, wie die Morpheme zusammengesetzt sind. Morpheme sind die kleinsten sinntragenden Spracheinheiten, Silben eben. Unter anderem fand das Programm, dass man „To-timpfstoff“ so trennt. Ja, wir müssen ein paar mal hinsehen, bis wir verstehen, was das heißen soll, doch „Tot-impfstoff“ ist sofort klar. Und dieses schöne Wort „Wortfuge“, was den Spalt zwischen dem einen Wortteil und dem anderen meint, wovon jeder Teil auch für sich stehen könnte und nur zusammen bilden sie ein neues Wort, eben wie das Wort selbst, dieses Wort ist noch von keinem anderen Verlag verwendet worden.
Und so heißt dann nun unser Verlag. Unser, weil wir es zusammen machen. Ich muss nicht allein schwimmen lernen, ich habe einen Partner an meiner Seite. Wie schön ist das.